Identify Democracy – ein Radioworkshop im Zeichen des Europäischen Miteinanders
„Ist Radio eigentlich noch relevant?“ – Diese Frage stellte mir eine Teilnehmerin des Radioworkshops, den ich vor ein paar Wochen in Wien im Gymasium Franklinstraße 26 gehalten habe. Es ging gerade darum, die Rolle von freien Medien zu thematisieren und geschichtlich zu betrachten. Die forsche Frage überraschte mich und brachte mich nachhaltig zum Denken. Die Relevanz des Mediums in und mit dem ich arbeite, ist für mich eine Selbstverständlichkeit, die ich selbst schon lange nicht mehr hinterfrage. Man könnte diese Haltung natürlich auch als Betriebsblindheit bezeichnen. Fragen zu stellen ist ein grundlegendes Werkzeug des Journalismus. Zusammenhänge und Vorgänge „in Frage“ zu stellen ist besonders wertvoll, weil es festgefahrene (Gedanken-)Konstrukte auf positive Art erschüttern kann. Die Frage nach der Relevanz traf einen Nerv, und obwohl ich darauf eine Antwort wusste, beschäftigte sie mich über den Workshop hinaus.
Ja und…ist Radio denn noch wichtig in der heutigen Medienwelt? Am 13. Februar wurde der Weltradiotag gefeiert. Dabei betonte die UNESCO:
„Radio ist ein mächtiges Medium, um die Menschheit in ihrer ganzen Vielfalt zu feiern und es stellt eine Plattform für den demokratischen Diskurs dar. Auf globaler Ebene bleibt Radio das am häufigsten konsumierte Medium.“
Neben der ständig wachsenden Medienvielfalt ist also auch das Radio nach wie vor eine wichtige Säule der Information und Unterhaltung – für Menschen in strukturell schwächeren Regionen bedeutet es sogar eine erhebliche Steigerung der Lebensqualität und bildet eine notwendige Nachrichtenquelle (in diesem Zusammenhang sei auf das Projekt ZONGWE FM – Radiobrücke über den Zambezi hingewiesen).
Im Gegenteil: Dank Internet, Smartphones und vereinfachter Aufnahmetechniken sprechen wir heute vom „Goldenen Audiozeitalter“ – selbst produzierte Inhalte ließen sich noch nie so einfach verbreiten. Der Podcast-Boom ist seit Jahren ungebrochen. Persönlich kann ich zudem sagen, dass mir die Arbeit beim Radio und an meinen eigenen Sendungen bislang viele Türen ge- und Wissenswelten er-öffnet hat. Dank der vorangestellten Frage ist mir das einmal mehr bewusst geworden.
Radio machen macht Spaß!
Der teils spielerische Charakter des Workshops bleibt mir stark in Erinnerung. Das hat vor allem auch mit dem technischen Equipment zu tun – durch Ausprobieren der Mikros und des Mischpults, durch die ungewohnte Art der Kommunikation und schlicht auch durch die Erfahrung, die eigene Stimme im Radio zu hören. Zum anderen ist die gemeinsame Themenfindung ein spannender Prozess und erfordert kompetenzübergreifende Zusammenarbeit – umso mehr, wenn man eine gute Sendung auf die Beine stellen will.
Was ist eine Redaktionssitzung? Wie recherchiere ich ein Thema stichhaltig? Wie plane ich eine informative und unterhaltsame Sendung? Wie ist die Rollenverteilung bei einer Radio-Produktion und was macht gutes Teamwork aus? – diese und andere Fragen wurden aufgeworfen und beantwortet.
Ziel des eineinhalb-Tage laufenden Workshops war es, gemeinsam eine einstündige Radiosendung zu produzieren und in einer simulierten Live-Situation aufzunehmen. Das übergreifende Thema der Sendung ist das Erasmus+ Projekt „Identify Democracy“, in dessen Rahmen unter anderem auch der Radioworkshop stattfand. Dabei wird Schüler*innen die Möglichkeit gegeben, ihren eigenen Zugang zum Thema Demokratie zu finden und Bewusstsein für die eigene Position und Stimme in einer Demokratie zu schaffen. Durch internationale Kooperationen mit anderen europäischen Schulen wird Raum geschaffen, um die eigenen (nationalen) Identitäten mit anderen Konzepten zu vergleichen. So wird auch die Komplexität des Begriffs „Identität“ greifbar und somit auch deren Wichtigkeit im transnationalen politischen Diskurs.
Das Projekt will die Interessen und Ideale der Schüler*innen identifizieren und wofür sie bereit sind einzutreten. Fragen, die gestellt werden: „Was ist deine Rolle in der Gesellschaft?“, „Wie funktionieren demokratische Prozesse?“, „Warum brauchen wir Demokratie?“ – was sind ihre Vor- und Nachteile?“
Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler der teilnehmenden Schulen halten ihre Eindrücke laufend in einem Blog fest.
Teams work!
In vier Teams mit unterschiedlicher Aufgabenverteilung wurden Themen recherchiert, der Ablauf der Sendung geplant, es wurden Moderationstexte erarbeitet, Interviews und Live-Diskussionen geführt. Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen meisterten dabei sowohl die technische Umsetzung, als auch die Regie vor und während der Sendung.
„Team S“ plante die einstündige Sendung in Absprache mit den anderen Teams und führte die Regie im Hintergrund. Team S trug Verantwortung für eine gut geplante und umgesetzte „Live“-Sendung. Team W – Wissensvermittlung/Recherche
„Team W“ recherchierte Informationen zum Thema „Identify Democracy“ und teilte Erfahrungen aus Straßburg und Belgien. Interviews wurden vorab bzw. während der Live-Sendung geführt. Besonderes Augenmerk lag bei diesem Team auf die fundierte Recherche von Inhalten und deren mediengerechte Aufbereitung. Team T- Technik/Audioschnitt
„Team T“ war verantwortlich für die technische Umsetzung der Radiosendung. Wie funktioniert ein Aufnahmegerät und wie nehme ich ein Interview am besten auf? Wie funktioniert das Mischpult und worauf muss ich während einer Live-Sendung achten? Team T erhielt eine Einführung in die nötigen Geräte und bediente diese vor und während der Sendung. Team M – Moderation/Interviewführung
Der Aufgabenbereich von „Team M“ umfasste die Gesprächsführung für das Medium Radio. Moderationstexte verfassen, Fragen formulieren, verständlich sprechen, ein Gespräch und eine Sendung gezielt leiten. Diskussionen und Interviews während der Sendung und das allgemeine Sendungsthema im Blick behalten und darüber informieren – ganz wichtig: Hörerinnen und Hörer informieren, worum es in der Sendung geht bzw. am Anfang und am Ende einen groben Überblick verschaffen.
Live auf Sendung zu gehen ist ein großer Spannungsfaktor – selbst wenn es eine simulierte Live-Situation war. Authentizität im Moment ohne Netz und Fangseil. Fehler sind vorprogrammiert und erwünscht. Die Ruhe und Spannung während der Aufnahme war spürbar. Erleichterter Applaus am Ende zeugte vom Erfolg des gemeinsamen Projekts.
In der Sendung erfahren Sie woher der Begriff „Erasmus“ eigentlich kommt und was ein Erasmus+ Projekt ausmacht. Reiseerfahrungen von Belgien und Straßburg werden geteilt. Zu hören sind auch unter anderem Interviews mit teilnehmenden Lehrern und eine Live-Diskussion über politische Partizipation und die von den Schüler*innen gestaltete Kampagne „Let’s Vote“. Eingespielt wurde auch Musik von befreundeten Musiker*innen in den akustischen Pausen.
Anm.: Als „Mobilität“ bezeichnen die beteiligten Lehrer übrigens die gemeinsamen Reisen mit den Partnerschulen.
Danke an alle Schüler*innen für die Teilnahme und die tolle Umsetzung der Sendung!
Danke an die teilnehmenden Lehrkräfte für Organisation und Mitwirkung!
Identify Democracy-Radiosendung – Planung, Moderation, Technik, Recherche: Clara, Lena, Alinda, Victoria, Aliana, Umush, Veronika, Florian, Alex, Pia, Simon, Leyla, Kathi, Birgit, Ines, Natalie und Isabel
Workshopleiter: Georg Steinfelder
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