Was ist das Deutsch
“Was die Deutschen und die Österreicher trennt, ist ihre gemeinsame Sprache.” Dieses ebenso oft wie auch völlig zu Unrecht Karl Kraus zugeschriebene Zitat bringt wunderbar auf den Punkt, warum das ganze Herumgerede von einer “deutschen Kulturnation” nur ein fester Blödsinn sein kann. Auf jeden Fall sprachlich. Vollholler zum Beispiel ist ja nicht der deutsche Ausdruck für einen österreichischen Jodler. Was hingegen Deutsch als Sprache sowohl für seine Eingeborenen jedweder Mundart, als auch für sämtliche ihm (dem Deutsch oder dem Deutschen) seit seiner Entstehung Zugewanderten sein kann, das lassen wir uns diesfalls vom Mundwerksmeister Malmsheimer sozusagen ausdeutschen: Wenn Worte reden könnten oder eben “Ermpftschnuggn trødå!”
Der Mann hat uns schon mit einigen sprachlich ambitioniert gedrechselten Phantasiereisen zum Lachen (und zum Nachdenken) gebracht, was wir auch immer wieder mal in Gestalt einer Sendung oder eines Beitrags gewürdigt haben. So etwa die Vorgänge und Zustände im Kopf eines hormonprallen Heranwichsenden beim Gewahrwerden eines möglichen Sexualobjekts, die nächtliche Diskussion der Bücher in den Regalen seiner Bibliothek oder das leibhaftige Erscheinen aller Romanfiguren aus seiner verflossenen Jugendzeit. Und immer spielt sich in diesen Kopfbühnenbildern weit mehr ab als nur Gags, Gags, Gags Da entstehen schräge Personen und verschraubte Handlungen, die den Autor und Darsteller des verwobenen Wirbelsturms auf diversen Erzählebenen auch noch das ausdrücken lassen, was ihm gerade so durchs Gehirn geistert. Das sind fürwahr keine flachen Schenkelklopfer, sondern hintergründige Analysen des Zustands unserer Gesellschaft. Man mag das durchaus als in Form von Kleinkunst dargebotene Literatur betrachten, so wortverliebt ausformuliert und hingebungsvoll durchgearbeitet, wie einem das entgegenströmt. Dreh- und Angelpunkt seiner Welt- wie Kulturkritik ist jedenfalls die Sprache, in unserem Fall eben Deutsch (oder auch das Deutsche. Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen sie ihren Duden – oder fragen sie Bastian Sick). Ein Höhepunkt bei Malmsheimer ist, wenn die Söhne Mannheims “…an einer störend christlich eingefärbten Melancholie leiden, der offenen Naidoose…”
In diesem Sinn!
Ähnliche Beiträge
- Oans, zwoa, Budern! aus der Sendereihe „artarium“ 21.03.2021 | Radiofabrik
- Kein Jahresrückblick aus der Sendereihe „artarium“ 27.12.2020 | Radiofabrik
- Euer Pestilenz aus der Sendereihe „artarium“ 22.11.2020 | Radiofabrik
- Vitásek und die Utopien aus der Sendereihe „artarium“ 25.05.2020 | Radiofabrik
- Die Büchse der Corona aus der Sendereihe „artarium“ 29.03.2020 | Radiofabrik
- Kein Zurück aus der Sendereihe „artarium“ 22.03.2020 | Radiofabrik
- Vorwärtsrückwärts aus der Sendereihe „artarium“ 23.02.2020 | Radiofabrik
- Es ist nie zu spät, unpünktlich zu sein aus der Sendereihe „artarium“ 29.12.2019 | Radiofabrik
- Radio Empfängnis aus der Sendereihe „artarium“ 08.12.2019 | Radiofabrik
- Das große Geschäft aus der Sendereihe „artarium“ 17.11.2019 | Radiofabrik