Oans, zwoa, Budern!
Ansteckendes aus Österreich oder Eine satirische Schutzimpfung gegen die volksdümmliche Zusammenrottung von Grausigkeit, Geilsein und Gier. Halli, Hallo! Wenn ich mir vorstelle, dass der ORF in einigen Jahren nicht mehr nur Peter Alexander, sondern auch Andreas Gabalier als einen Höhepunkt heimischer Kulturentwicklung lobpreisen wird, dann ist mir schon jetzt schlechter als mir gut tut. Und so wie ich leiden viele unter dieser Seuche, die das kommerziell Erfolgreiche ungeachtet jedweden (Nicht)Inhalts nachgerade zum Staatsziel erklärt. Scheißegal, obs unsere Kultur zergrunzt und zersetzt. Hauptsoch, es bringt wos ein. Hauptsoch, fest budert werd, weil Sex sells! Dabei hat Budern nichts mit Puderquastln zu tun, sondern kommt von Butter machen wie anno einst…
Der deutsche Satiriker Jan Böhmermann hat jüngst am Beispiel Ischgl-Cluster den verbrecherischen Einfluss der Seilbahn- und Tourismuslobbyisten auf sämtliche natürlichen und kulturellen Ressourcen Österreichs offengelegt. Ischgl, dessen exzessive Après-Ski-Identität bereits als “Alpen-Ballermann” firmiert, dient hierbei als besonders augenfälliges Beispiel für das weltweit zerstörerische Wirken einer “Wirtschaftsentwicklung”, die allein auf Wachstum abzielt – und der alle anderen Bedürfnisse und Interessen alternativlos untergeordnet werden. Was dabei heraus kommt? Fragen sie ihren Arzt …
Naturgemäß ist auch die menschliche Sexualität eine natürliche Ressource – und die wird genauso rücksichtslos ausgeplündert wie die Berglandschaft, die Gesundheit, das Trinkwasser oder überhaupt die Zukunft. Und so wird das gegenständliche ZDF-Magazin-Royale auch mit dem Ruf des Animateurs “Oans, zwoa, Budern!” eröffnet. Was muss das für eine gefühllose, aufs rein Mechanische reduzierte Sexualität sein, die sich da nach alkoholschwangerem Chorgegröl in der anonymen Masse fett und verschwitzt abmüht, ihr Leistungsziel zu erreichen? In der E-Bühne der 80er Jahre beschrieb man derlei Inszenierungen trefflich: “Ficki-Ficki und dann abkassieren.”
Endgültig heilsam und erlösend wirkt allerdings Böhmermanns ultimativer Après-Ski-Hit “Ischgl Fieber” (Husti Husti Heh), den er als Höhepunkt seiner Einlassungen unter dem Pseudonym “Tommy Tellerlift und die Fangzauner Schneebrunzer” ins entfesselte Volk röhrt. Das ist “die Wirklichkeit bis zur Kenntlichkeit entstellen” vom Allerfeinsten, auch wenn ein offenbar besonders gewitzter Tourismusmanager aus Ischgl anderntags meinte: “Satire lebt von Überspitzungen, nicht von Tatsachen.” (ORF) Wir wünschen ihm viel Spaß beim Bleistiftspitzen, aber nicht von Bleistiften. Und Andreas Gabalier sollte sich schon mal sehr warm anziehen, weil nämlich …
Auf Niederschaun!
Ach, übrigens: In der Sendung “Hakuna Mutanta” haben wir, als eine Möglichkeit des Perspektivwechsels, davon gesprochen “was uns das Virus erzählen könnte”. Kurze Zeit später, am 2. März sendete ARTE den Dokumentarfilm “Corona: Sand im Weltgetriebe”, der in seiner Dramaturgie die Erzählperspektive des Virus einnimmt. Chapeau!
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