Sonnwendsendung
Eine kritische Einlassung zu diversen Volksbrauchtümern – und unserem eigenen Erleben! Sommerliches Sonnenanbeten sowohl dies- wie auch jenseits von Christendumm, Ahnenerbsen und Esoterroir. Ein Potpourri aus Information und Nachdenklichkeit, zudem fein garniert mit Musik von Daisy O’Hara und Mystik aus den Alpen. Unter anderem. Denn die Beforschung des vermutlich schon uralten Fests zur Sommersonnenwende (also zum längsten Tag und zur kürzesten Nacht im Jahreskreis) stellt uns halt noch immer vor Rätselhaftes: Sich vorzustellen, wie zum Beispiel die bronzezeitliche Bevölkerung unserer Breiten das signifikante jahreszeitliche Ereignis begangen oder „gefeiert“ haben könnte, das erfordert ein Einfühlen in deren Lebenswelt ohne ideologisch interpretierende Brille.
Allen bisherigen Deutungen des ursprünglichen Gehalts solcher Riten ist nämlich eines gemeinsam: Das nachträgliche Vergewaltigen aller Artefakte und Zeugnisse im Sinne ihrer jeweiligen Weltanschauung. So unterscheiden sich die bekannten Erklärungsansätze immer nur in den Ergebnissen und nie in ihrem Zugang zum Gegenstand an sich. Die katholische Weltdeutung etwa sieht in „extatischen Veitstänzen heidnischen Götzendienst“, der durch religiöse Überformung sogleich „unschädlich gemacht“ werden muss. Die germanenspinnerten Nationalsozialisten hingegen interpretierten in dieselben spärlichen Quellen eine „urmächtige Erscheinung des reinsten völkischen Brauchtums“ hinein. Zuletzt die esoterisch verquast neuheidnisch-spiritualistische Sicht der (kaum bezeugten) Dinge, die uns ein überquellendes Eintopfgericht voller „außerirdischer Offenbarung und naturmystischer Geheimlehren für Eingeweihte“ zu servieren trachtet. Puuuh, sagte der Bär – und hieß doch nicht Harry Rowohlt…
Dabei lässt sich der Feuertanz auch ohne ideologisches Brimborium ganz und gar selbst vollführen – als ein Würdigen des Werdens und Vergehens – in allem dauerhaft Bestehenden. Als fortwährende Wiederverinnerlichung dessen, was sich in der Natur zyklisch von der Geburt über den Tod bis zur Wiederkehr stets erneuert – ganz im Gegentum zu den behaupteten Ewigkeiten menschlicher Erfindung. Da ist kein großer Unterschied zwischen dem Himmelreich und dem tausendjährigen – oder der kostengüstigen Reinkarnationstherapie. Wie gesagt, es ist wahrscheinlich kaum je möglich, derlei Vorvergangenes wie die Sonnenrituale der Ureinwohner überhaupt nachzuvollziehen, weil wir alle immer unbewusst die Kulturbrille unserer Zivilisation aufhaben. Und dennoch gibt es Möglichkeiten, das Phänomen Sommersonnenwende annähernd zu verstehen, vielleicht auf dem Umweg über vorzivilisatorische Kulturen außerhalb Europas – oder bewusstseinsverändernde Surrealismen in der Kunst.
Bestes Beispiel für so einen echten Tanz mit dem Feuer ist dieses Lied:
Just learn to hide the way that you really feel
Never let them know that you’re scared
But understand that you’re not the special only one
Watch us now, watch us real close
How we all dance with this fire ’cause it’s all that we know
And as the spotlight turns toward us, we all try our best to show
We are lost, we are freaks, we are crippled, we are weak
We are the heirs, we are the true heirs, to all the world
Let’s go build a fire down on the empty beach when the waves are crashing high
White heat purify, as the sparks fly up into the great black sky
Sacrifice these crutches to the crackling flames
Stand as silhouettes against the dawn
It’s far too late to try to sleep now, seems I’m never tired any more
I want to dance with this fire ’cause it’s all that I know . . .
We are lost, we are freaks . . .
And we try our best to show . . .
I am lost… I’m a freak… ha ha ha
New Model Army – Ballad of Bodmin Pill
Und wir bedanken uns bei Till Westermayer für seine Feuerfotos auf flickr
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