Rundgang durch den 6. Wiener Gemeindebezirk im Gendenken an den Novemberpogrom 1938
Im Gedenken an den Novemberpogrom 1938 veranstaltet der Arbeitskreis Gedenkrundgang jedes Jahr einen Rundgang zu Orten jüdischen Lebens und nationalsozialistischer Verfolung in Wien. Heuer führte der Weg durch den 6. Wiener Gemeindebezirk.
Eine Aufzeichnung der Veranstaltung vom 10. November 2011.
Die Pogrome am 9./10.November 1938 gegen die jüdische Bevölkerung und ihre Einrichtungen waren weder spontan noch auf diese Tage beschränkt. Die antisemitischen Ausschreitungen und Arisierungen beschränkten sich auch nicht auf einzelne Bezirke, sondern betrafen die ganze Stadt und das ganze Land.
Während des Novemberpogroms 1938 wurden 27 jüdische Männer ermordet, es gab 88 Schwerverletzte, dutzende Selbstmorde, mehr als 6500 Festnahmen. 3.600 verhaftete Juden und Jüdinnen wurden direkt in das Konzentrationslager Dachau transportiert, 4000 Geschäfte wurden geplündert und zerstört und 2000 Wohnungen geraubt – im NS-Jargon – „arisiert“.
Es gab auch noch Tage danach.
Während der 9. November mittlerweile auch in Wien als Gedenktag begangen wird, wird über die antisemitische Kontinuität, die die Zeit davor und danach prägte, kaum gesprochen.
Wo am 9. November noch Synagogen und Bethäuser standen, waren in den Tagen darauf nur noch verkohlte Brandruinen. Wo es noch Geschäfte und Lokale gab, lagen nur noch Scherben – die Scherben nach denen die Nazis den Tag höhnisch „Reichskristallnacht“ nannten und deren Beseitigung einen neuen Anlass für Demütigungen und Gewalt bot. Wie an der Zerstörung waren auch hier SA, SS, NachbarInnen und BürgerInnen beteiligt.
Wo am 9. November Angst herrschte, war in den Tagen danach nur noch Verzweiflung. Zehntausende Juden und Jüdinnen wussten nicht, was mit ihren FreundInnen, Verwandten und NachbarInnen geschehen war.
Wo am 9. November noch Verzweiflung war, da war in den Tagen danach nichts mehr – 27 Morde hatten SA und SS unter Beifallklatschen von NachbarInnen und BürgerInnen begangen. Und die Angst ließ dutzende den Freitod wählen.
Das war der November 1938 in Wien.
Der 9. November war ein Höhepunkt von Pogromen, die es in Österreich seit dem „Anschluss an das 3. Reich“ tagtäglich gab, aber er war nicht das Ende. Es dauerte noch fast sieben Jahre, bis den Nazis Einhalt geboten wurde.
Mit einem Rundgang wollen wir aufzeigen, wie flächendeckend die antisemitischen Ausschreitungen und Arisierungen in Wien stattfanden. Wir werden Orte jüdischen Lebens und nationalsozialistischer Verfolgung im 6. Bezirk suchen und hoffen damit Bewusstsein für lokale Geschichte zu schaffen und die Arbeit von Initiativen vor Ort zu unterstützen.
Ähnliche Beiträge
- #Wishlist #5 zur LTW ´23: Siegfried Trenker vom KZ-Verband Salzburg aus der Sendereihe „Die unerhört!-Wishlist zur Landtagswahl ’23“ 31.03.2023 | Radiofabrik
- Es gibt kein richtiges Leben im falschen aus der Sendereihe „artarium“ 26.03.2023 | Radiofabrik
- #Stimmlagen: Femizide – ein anderer Blickwinkel | Faschismus ist nicht... aus der Sendereihe „#Stimmlagen – Das Infomagazin der Freien...“ 02.03.2023 | Radio FRO 105,0
- 26/02/2023 – B(A)D News #56 aus der Sendereihe „Anarchistisches Radio“ 26.02.2023 | Orange 94.0
- 15/01/2023 – Lützi bleibt & Nazi-Zentren zuadrahn! aus der Sendereihe „Anarchistisches Radio“ 15.01.2023 | Orange 94.0
- Letzte Sendung mit Ricardo Loewe aus der Sendereihe „Radiofabrik – mexiko anders“ 17.12.2022 | Radiofabrik
- Gedenken zum 84. Jahrestag der Novemberpogrome aus der Sendereihe „FROzine“ 09.11.2022 | Radio FRO 105,0
- WiderstandsChronologie 16. Oktober bis 4. November 2022 aus der Sendereihe „WiderstandsChronologie“ 05.11.2022 | Orange 94.0
- WiderstandsChronologie 3. Juli bis 30. September 2022 aus der Sendereihe „WiderstandsChronologie“ 01.10.2022 | Orange 94.0
- Die ANTI AUFSTEIRERN Radioshow aus der Sendereihe „Gen Z | Nach Y kommt Z“ 18.09.2022 | Radio Helsinki