Krieg und Frieden – Eine Andeutung
Erste Einstimmung auf das heuer noch öfter wiederkehrende Schwerpunktthema “100 Jahre Erster Weltkrieg” und die damit einhergehenden Fragestellungen: Was ist eigentlich Krieg – und wenn ja, gibt es überhaupt Frieden? Ist nicht gerade der erste Weltkrieg (die Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts und zugleich die ursächliche Wegbereitung des Nationalsozialismus) österreichischerseits noch um einiges gründlicher verdrängt als die Mitverantwortung am 3. Reich? Können wir mit unserer Gegenwartssprache die literarischen Zeugnisse von vor 100 Jahren noch direkt verstehen – etwa “Die letzten Tage der Menschheit” von Karl Kraus oder die schwer depressiven Gedichte von Georg Trakl? Sein Todestag jährt sich heuer ja auch zum 100. Mal – und steht in unmittelbarem Zusammenhang mit seinen traumatischen Kriegserlebnissen. Eine Überdosis Grauen wird nach wie vor als verkraftbar angesehen, der Weg in den Freitod bleibt ebenfalls skandalisiert…
Das Nachrichtenmagazin profil begann im Januar mit einer bemerkenswerten Serie: Woche für Woche werden in einem speziellen “Countdown zum Krieg” Zeitungsmeldungen und Dokumente aus dem Jahr 1914 veröffentlicht, so dass bis zur Berichterstattung über den 28. Juni (Attentat in Sarajevo) und dem daraus folgenden Kriegsbeginn im Juli/August ein atmosphärisches Grundverständnis für die gesamtgesellschaftlichen Verhältnisse im damaligen Kaiserreich Österreich-Ungarn entsteht. Eine solche Aufbereitung finden wir höchst anregend, entspricht sie doch unserer eigenen Arbeitsweise, etwa mit Audiocollagen Stimmungen zu erzeugen:
So wollen wir die Idee eines (wenn auch unregelmäßigen) Countdowns gern aufgreifen und in dieser Sendung unsere erste assoziative Text- und Musiksammlung zum Thema “Krieg und Frieden” vorstellen. Wir bedienen uns dabei zweier wesentlicher Sprach- und Vortragskünstler, die vornehmlich in der Zeit nach dem 2. Weltkrieg die Schrecken und Absurditäten jedweder militärischer Konfrontation beispielhaft bearbeitet haben. Nämlich erstens Ernst Jandl, der durch seine sprachkreativen Innovationen den emotionalen Gehalt von kriegerischer Denk- und Sprechweise in unmittelbares Erleben zu übersetzen vermochte – und zweitens Helmut Qualtinger, der in unnachahmlich lebhaftem Vortragsstil einen der sprachmächtigsten Kritiker des ersten Weltkriegs (eben den genialen Satiriker Karl Kraus) wieder ins Österreichbewusstsein beförderte. Zudem lesen wir selbst letzte Gedichte von Georg Trakl – und begeben uns auf die Suche nach den “veralteten” Ausdrücken jener Epoche. Alles in allem dient diese Andeutung auch zur Einstimmung auf unsere 3-stündige Perlentaucher-Nachtfahrt am Freitag, 14. März, welche ebenfalls das Thema “Krieg und Frieden” behandeln wird.
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