Jazzgitarristen – Ein kurzer Streifzug durch die Geschichte
57. Sendung (September 2013)
Jazzgitarristen – Ein kurzer Streifzug durch die Geschichte
Wir beginnen unseren kurzen Streifzug durch die Geschichte der Jazzgitarre bei den Blueswurzeln des Jazz zu Beginn des vorigen Jahrhunderts. Blind Lemon Jefferson wurde 1893 in Texas geboren und verstarb 1929 in Chicago. Er war in den 20-er Jahren ein sehr einflussreicher und erfolgreicher Blues-Musiker. Er war der erste dessen Aufnahmen auch kommerziell erfolgreich waren. Er hat bis zu seinem Tod für Paramount Records fast 100 Singles aufgenommen, die alle in großen Stückzahlen aufgelegt wurden. Blind Lemon Jefferson war nicht der einzige Gitarrist in den Anfängen des Jazz, aber sicher einer, der mit seiner Spielweise und seinem markanten Gesangsstil Generationen von Musikern beeinflusst hat, sowohl im Jazz als auch in der Rockmusik, bis hin zur Gegenwart.Ein ebenfalls sehr bedeutender Gitarrist aus den Anfängen des Jazz war Arthur Blake, besser bekannt unter dem Namen Blind Blake. Blind Blake wurde 1896 in Virginia geboren und ist 1934 in Wisconsin gestorben. Er hat den Ragtime als Vorläufer des Jazz in das Gitarrenspiel eingebracht. Ein weiterer Musiker aus dieser Pionierzeit der Jazzgitarre ist Hudson William Ledbetter besser bekannt unter dem Namen Leadbelly. Er wurde 1889 in Lousiana geboren und verstarb 1949 in New York. Leadbelly hat nicht nicht nur mit seinem Lebenswandel – er ist in frühen Jahren in Louisiana mehrmals mit dem Gesetz in Konflikt gekommen – auf sich aufmerksam gemacht, sondern vor allem mit seinem markanten Spiel auf der 12-saitigen Gitarre. 1935 ging Leadbelly nach New York und konnte sich dort in der weißen Künstlerszene etablieren, ohne jedoch wirklich kommerziell erfolgreich zu sein. Zu den Schlüsselfiguren des frühen Jazz zählt Lonnie Johnson. Geboren 1899 in New Orleans, gestorben 1970 in Toronto, war er einer der ersten, der Single-Note-Melodien auf der Gitarre spielte. Die Gitarre hatte damit nicht mehr wie früher eine reine Begleitfunktion für den Sänger, sondern wurde erstmals auch als Soloinstrument eingesetzt. Ein weiterer wegweisender Gitarrist an der Schnittstelle vom Blues zum Jazz war der 1916 in Texas geborene Charlie Christian. Charlie Christian war der erste, der die technischen Möglichkeiten der Gitarrenverstärkung nutzte um Melodielinien zu spielen, welche sich auch in größeren Orchestern gegenüber den Blasinstrumenten durchsetzen konnten. Mit der leisen akustischen Gitarre war dies bis dahin nicht möglich. Außerdem war Charlie Christian mit seinem Gitarrenspiel ein Wegbereiter des späteren Bebop. Charlie Christian war ein großes Vorbild für den weißen Gitarristen Herb Ellis, 1921 in Texas geboren, 2010 in Los Angeles gestorben. Herb Ellis hat unter anderem mit Größen der Musikwelt wie Oscar Peterson, Ella Fitzgerald oder Dizzy Gillespie zusammengearbeitet. Er ist neben einigen anderen Gitarristen einer der bedeutenden Vertreter der Bebop Ära. Ein bedeutender Gitarrist an der Schnittstelle vom Bebop zum Cool Jazz war der 1929 in Louisville, Kentucky geborene Jimmy Raney. Anfang der 50-er Jahre spielte er in Zusammenarbeit mit dem Saxofonisten Stan Getz einige Aufnahmen ein, welche auch Vorbild für weitere wichtige Vertreter des Cool Jazz waren. Unmittelbar beinflusst hat Jimmy Raney auch Jim Hall und Attila Zoller, der mit ihm auch einige Platten aufgenommen hat. Attila Zoller wurde 1927 in Ungarn geboren. Seine Karriere begann er nach dem Zweiten Weltkrieg in Jazzclubs von Budapest. 1948 hat er Ungarn verlassen und ging zunächst nach Wien. Er hat mit Musikern wie Joe Zawinul, Hans Koller und Oscar Pettiford zusammengearbeitet. 1959 ging er nach Amerika und spielte dort unter anderem mit Benny Goodman, Chico Hamilton und Stan Getz. Er stellte dann auch eigene Projekte mit Herbie Hancock, Ron Carter und Lee Konitz auf die Beine. Ein ganz großer Gitarrist, der zwar historisch nicht wirklich in die Linie der vorgestellten Gitarristen passt, dem aber in dieser Sendung auf jeden Fall ein Platz eingeräumt werden muss, zumal er oft auch sogar als Begründer des europäischen Jazz genannt wird, ist Django Reinhardt, 1910 in Belgien geboren und 1953 bei Paris gestorben. Reinhardt war der Sohn von französischsprachigen Sinti. Das besondere an seiner Musik ist die Verschmelzung von New Orleans Jazz mit der traditionellen Spielweise der Roma zum sogenannten Zigeuner- oder Gypsy Jazz. Django Reinhardt war mit seinem Quintette du Hot Club de France nicht nur in Europa sondern auch in den USA ein äußerst erfolgreicher Musiker. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges ging er 1946 auf Amerikatournee und spiele dort auch zusammen mit dem Duke Ellington Orchester. Wes Montgomery wird von vielen oft als der einflussreichste Jazzgitarrist überhaupt bezeichnet. Er wurde 1923 in Indianapolis geboren und ist 1968 auch dort verstorben. Bemerkenswert am Lebenslauf von Wes Montgomery ist, dass er erst relativ spät mit dem Gitarrenspiel begann und auch erst sehr spät Plattenaufnahmen machte. Seine professionelle Karriere begann er 1948 bei Lionel Hampton. Er hatte großen Einfluss auf nachfolgende Gitarristen allen voran George Benson. Ein weiterer ganz großer und einflussreicher Jazzgitarrist ist Joe Pass, 1929 in New Jersey geboren und 1994 in Los Angeles gestorben. Joe Pass hat sich vor allem mit einer Spieltechnik einen Namen gemacht, bei der er sowohl Melodie als auch Begleitung und dazu auch noch teilweise Basslinien spielte. Er hat damit die orchestralen Möglichkeiten der Gitarre im Solospiel ausgelotet und perfektioniert. In einer Sendung über Jazzgitarristen darf natürlich auch ein Musiker wie John McLaughlin nicht fehlen. John McLaughlin ist 1942 in England geboren und er begann seine Karriere zunächst als Bluesrock-Musiker. Größere Bekanntheit erlangte er durch die Zusammenarbeit mit Miles Davis in den 60-er Jahren. Erste große Erfolge feierte er unter seinem eigenen Namen mit dem Mahavishnu Orchestra in den 70-er Jahren. John McLaughlin ist zweifelsohne eine Schlüsselfigur in der Fusion-Musik, der das Publikum bis heute noch begeistert. Besonders verdient gemacht hat sich John McLaughlin auch mit der Verschmelzung indischer Musik mit dem Jazz. Sein Projekt „Shakti“ ist ein Paradebeispiel für eine äußerst gelungene Verbindung westlicher Musik mit der Musiktradition aus anderen Kulturen. Das Projekt Shakti hat der indischen Musik auch im Westen zu besonderer Popularität verholfen. Viele weitere hervorragende Gitarristen können in der zur Verfügung stehenden Sendezeit leider nicht zu Wort kommen. Trotzdem sollte diese Auswahl die vielseitigen Möglichkeiten der Gitarre im Jazz einigermaßen repräsentativ illustrieren.
Musikbeispiele:
Stanley Jordan, Giant Steps, rec. 2011
Blind Lemon Jefferson, See that my Grave is kept clean, rec. 1927
Blind Blake, Blind Arthur’s Breakdown, rec. 1929
Leadbelly, Matchbox Blues, rec. 1935
Lonnie Johnson, Mr. Johnson Swing, rec. 1938
Charlie Christian, Solo Flight, rec. 1941
Herb Ellis, Ellis in Wonderland, rec. 1956
Jimmy Raney, Motion, rec. 1953
Attila Zoller & Jimmy Raney, Jim and I, rec. 1980
Django Reinhard, Nuages, rec. 1940
Four on Six, Wes Montgomery, rec. 1960
Limehouse Blues, Joe Pass, rec. 1976
La Danse du Bonheur, John McLaughlin mit Shakti, rec. 1976
Gestaltung, Am Mikrofon, Tontechnik & Produktion: Gernot Friedbacher
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