2. Juni 2018: SOHO in Ottakring 2018: Jenseits des Unbehagens – zu Gast im Studio: Sophie Lingg, Nora Gutwenger und Ula Schneider
J E N S E I T S D E S U N B E H A G E N S
Vom Arbeiten an der Gemeinschaft
2.–17. Juni 2018
Wenn der Boden wankt und sich die Angst um eine sichere Zukunft wie ein Feuer ausbreitet, dann ist das zarte Flämmchen, das für Demokratie steht, im Herzen vieler Menschen am erlöschen.
Es wächst das Unbehagen und damit die Kraft der gesellschaftlichen Spaltung, die dazu führt, die Anderen, die Schwächeren, auszuschließen. Wenn das die Realität ist, verlieren am Ende alle.
Der Wert von Demokratie kommt mit handfesten Dingen: Bildung, Perspektive, soziale Zugehörigkeit, Qualität der Arbeit. Demokratische Werte erscheinen aber angesichts der vielen Krisen, die das Leben der Menschen in unterschiedlicher Heftigkeit berühren, zunehmend sinnentleert und in Frage gestellt. Ist die Demokratie zu retten?
Die Komplexität der Fragen um die Zukunft und die Herausforderungen, die zukünftige Generationen erwarten, sind – auch angesichts der medialen Überflutung – nicht mehr überschaubar. Denn jedes Thema, jedes Problem steht in einer oft ungeahnten Vielzahl an Zusammenhängen.
Andererseits ist es erstaunlich, wie schnell ein System der Interdependenzen zusammenzubrechen droht, wenn die Rädchen ins Stocken geraten – sei es durch Naturgewalten oder endloser Macht- und Ressourcenkonflikten wie im Nahen Osten und in Nordafrika. Die Folgen – Entwurzelung, Flucht, Radikalisierung, Armut, Tod – bekommen alle zu spüren.
Wenn sich eine demokratisch organisierte, „heile“ Welt bedroht fühlt, wenn ein Nationalstaat in den Strudel des Weltgeschehens gerät, enttarnt sich das neoliberale System, das sich, solange die Verhältnisse halbwegs komfortabel sind, gar nicht bloßstellen will. Denn es will unter dem Deckmantel der Demokratie und solange es geht, alles verschlingen.
Aber was soll die Menschen künftig zusammenhalten? Wie wären in den westlichen Post-Wohlfahrtsländern und den fragmentierten multikulturellen Gesellschaften soziale Spannungen zu entschärfen? Wie können Wege für ein gemeinsames Gespräch gefunden werden, Kriterien des Umgangs, die mehr Miteinander ermöglichen?
Fragen um das Zusammenleben und gesellschaftlichem Zusammenhalt sind vielfältig, genauso aber auch Ideen und Verlangen nach neuen Wegen. Respekt wäre eine nützliche Kategorie, Anerkennung des Andersseins eine andere. Und vielleicht die wichtigste: Vertrauen in unsere Fähigkeit, die Zukunft zusammen jenseits des Misstrauens und des Unbehagens zu gestalten.
Bei einem Ausbau und einer Verstärkung demokratischer Werte spielen zweifellos Kunst und partizipatorische Praxen eine wichtige Rolle. SOHO in Ottakring möchte mit dem diesjährigen Festival einen Beitrag dazu leisten, nämlich, die Sichtbarkeit dieser Praxen zu erhöhen, neue Räume für Reflexion zu schaffen, Allianzen zwischen Kunst- und Kulturschaffende, Aktivist*innen und Publikum zu bilden, und eine neue Kultur des Zuhörens und des Dialogs zu fördern.
(Pressetext Soho in Ottakring 2018)
Siehe auch Sendung vom 5. Mai 2012: Soho in Ottakring 2012: https://cba.media/76235
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