RADIO MWABONWA – FdR 2015

MWABONWA means HELLO! RadiomacherInnen aus dem Salzkammergut und aus Afrika, ausgerüstet mit einem mobilen Feldstudio, tauchen an verschiedenen Orten auf und machen das FREIE RADIO sichtbar. Je nach Wetterlage... mehr anzeigen

MWABONWA means HELLO!
RadiomacherInnen aus dem Salzkammergut und aus Afrika, ausgerüstet mit einem mobilen Feldstudio,
tauchen an verschiedenen Orten auf und machen das FREIE RADIO sichtbar.
Je nach Wetterlage – LIVE vom Trauneck, aus der Unterführung, vom See, von der Verkehrsinsel oder
aus dem Kino in Ebensee.

 

Freies Radio Salzkammergut: Projekt Sichtwechsel
Radio Mwabonwa – Extended Teamwork on Air von Mario Friedwagner

Eine ganze Reihe von Überlegungen stand am Beginn unseres Projektes. Geprägt von den Erfahrungen der Medienkarawane während des Festivals der Regionen in Attnang-Puchheim1, als die Freien Medien in OÖ zwei Studiocontainer und eine überdachte Bühne bespielten, wollten wir dieses Mal eine einfachere, schlankere und vor allem beweglichere Struktur.

Zudem gelangten wir, aufgrund des allgemeinen Rückzugs ins tradierte der Volkskultur, begleitet von einer Renaissance der Trachtenseeligkeit und dem Aufkommen eines neuen Biedermeier in den letzten Jahren, zu der Auffassung, dass dem Salzkammergut und damit auch unserem Radio eine Öffnung und ein Perspektivenwechsel guttun würde.

Getragen wurde diese Sicht der Dinge von einem Arbeitseinsatz im südlichen Zambia im August 2013. Damals waren unser Techniker, Marcus Diess, und ich eingeladen, die technische Infrastruktur des Community Radios Zongwe FM2 zu erneuern. Marcus war bereits bei der Gründung der Station im Jahr 2007 mit dabei und hatte in den darauffolgenden Jahren technische Komponenten und Geräte für eine Sendeerweiterung zusammengetragen.

Trotz der Unterstützung durch Partnerorganisationen vor Ort3 und die ARGE Zimbabwe Freundschaft4 von Hedi und Peter Kuthan aus Linz, war der Einsatz kräfteraubend und hinterließ in unserer Erinnerung lange nachhallende Bilder. Es war uns klar, dass wir mit dem Radioprojekt und den Verantwortlichen in Verbindung bleiben würden. Dieser Austausch, der beiden Seiten neue Einblicke ermöglichte, würde weitergehen. Soviel stand fest!

Ein gutes halbes Jahr später befanden wir uns auf Einladung des Festivals der Regionen in Ebensee, dem diesjährigen Austragungsort des Festivals. Peter Kuthan erzählte im Rahmen eines einführenden Spaziergangs durch den Salinenort vom Festival der Regionen 1997 und der Karawane der Tonga5 über’s Tote Gebirge. Damals waren dreißig Musiker_innen, – singend, trommelnd und in Antilopenhörner blasend – von Hinterstoder nach Ebensee gewandert. Peter meinte, daran ließe sich mit einem weiteren Festivalprojekt anschließen, zumal Zongwe FM im Gebiet der Tonga sendet und dazu beiträgt, die durch einen Staudamm auseinandergerissene Community wieder zusammenzuführen.

Soweit die jüngere Geschichte. Eine Geschichte, die natürlich nicht für alle in unserem Redaktionsteam von derselben Lebendigkeit war, wie für mich. Im Rahmen der Vorbereitungen für das Festival wurden daher auch andere Projektideen und Vorschläge diskutiert. Letztlich ist es meiner Kollegin, Erika Preisel, selber schon mehrmals in Afrika auf Reisen, und dem künstlerischen Leiter des Festivals zu verdanken, dass die Einladung zweier Redakteur_innen von Zongwe FM den Auswahlprozess bestanden hat.

Wir baten also unsere Partner_innen in Zambia zwei Redakteur_innen zu bestimmen, garantierten dem Österreichischen Staat alle Kosten zu übernehmen, buchten Flüge in die eine und in die andere Richtung und brachen Anfang Mai 2015 nach Zimbabwe und Zambia auf. Wir organisierten Visa für unsere beiden Gäste, Patience Kabuku und Kennedy Kambole, besprachen die Reisemodalitäten und trafen Vorbereitungen für eine große Ausstellung6 in der Deutschvilla7, die parallel zu unserem Radioprojekt in Ebensee stattfinden sollte.

Währenddessen stellten Evelyn Ritt und Sylvia Aigner, beide langjährige Mitarbeiterinnen des Freien Radios, ein Stockwerk ihres Hauses für die Unterbringung von Patience und Kennedy zur Verfügung. Unsere Überlegung war, dass es auf diese Weise am besten gelingen würde, einen unkomplizierten Austausch zwischen den Gästen aus Sinazongwe und den Mitarbeiter_innen des Freien Radios zu initiieren. Eine Übernachtung in einer Pension oder einem Hotel hatten wir auch bei allen anderen Mitarbeitern, wie zum Beispiel dem Schweizer Hochfrequenztechniker Christoph Lindenmaier, nie ins Auge gefasst.

Apropos Technik. Attnang-Puchheim war eine Materialschlacht. Diese Mal wollten wir eine von allem Ballast reduzierte Infrastruktur zum Einsatz kommen lassen. Marcus Diess, Bernd Schröckelsberger und Jörg Stöger überlegten daher schon Monate vor dem Festival, wie dieser Wunsch nach einer schlichten, aber effektiven Struktur am besten umzusetzen wäre. Zu aller Zufriedenheit fanden sie schnell eine Fährte und damit eine gute, weil praktikable und stabile Lösung.

Eine Lösung, die auch für unsere ehrenamtlichen Sendungsmacher_innen attraktiv war. Gemeinsam mit Patience und Kennedy standen sie im Mittelpunkt unseres Sichtwechsels und bildeten das redaktionelle Rückgrat der Sendereihe „Radio Mwabonwa“, – zehn Sendungen in der Länge von 60 Minuten. Live aus Ebensee, an unterschiedlichen Orten auftauchend, auf die Bedürfnisse des Regengottes und der Redakteur_innen Rücksicht nehmend. Verlässlich ab 16 Uhr im steirischen, salzburgischen und oberösterreichischen Salzkammergut zu hören.

Für alle, die sich außerhalb dieses Sendegebietes befunden haben, bzw. die Sendungen nicht unmittelbar hören konnten gibt es nun an dieser Stelle eine Sammlung von Eindrücken, Statements und Wahrnehmungen:

„Es war eine spannende Angelegenheit direkt vor Ort, mit voller Unterstützung des Radioteams, zu senden. Einerseits das Freie Radio mit Hilfe des mobilen Studios sichtbar zu machen und andererseits eine Sendung mit dem Festivalthema als Schwerpunkt zu gestalten. Einen Spannungsbogen zwischen Geschichte, Ort und Festival zu schaffen, Besucher, Einwohner und Künstler vor’s Mikrophon zu holen. Und des ganze live, wos gibts schenas?!“

Gustav Mahringer, Redakteur bei Radio Mwabonwa und Gestalter der Sendung „Weit und Bewegt“

„We were delighted by the warm welcome ushered to us. The experience of working with the team was wonderful and I am personally happy to pick a lot of radio experience (of not really a different kind – but with other people). I liked the togehterness as team and the culture work was excellent. The radio and the people were in harmony. Thanks and continue with your support of this because no one would have offered us such ideas we got through.“

Patience Kabuku, Redakteurin bei Radio Mwabonwa und Redakteurin bei Zongwe FM 105,0

„Zu den eindrücklichsten Aspekten zählt für mich die Dynamik in der Festival-Gemeinde, die sich während dieser 10 Juni-Tage entfaltet hat. Trotz Dauerregen und Kühle war ein ganzer Ort quer durch alle Bevölkerungsschichten auf den Beinen. Akteure und Besucher sind mehr und mehr zusammengewachsen, ermöglicht durch die Kontinuität der einzelnen Projekte und die allgegenwärtige Präsenz der Künstler_innen.

Passanten, Studiogäste wie auch Mitarbeiter_innen waren erstaunt mit welcher Leichtigkeit und Tiefe Radio die Verbindung zwischen Produzent_innen und Hörer_innen schaffen kann. Auch intern wurden Prozesse und Konfrontationen aktiviert und provoziert. Durch Offenheit, Neugier und Interesse wurden sowohl das Image des europäischen Überflusses als auch das Bild von mittellosen Flüchtlingen entschärft.“

Erika Preisel, FRS Projektmanagement

„Die auch in Ebensee virulenten Einkommensunterschiede und Alternativen dazu – wie das bedingungslose Grundeinkommen – mit der Sozialexpertin Sabine Weninger-Bodlak zu diskutieren sowie im zweiten Teil der Sendung Erfahrungen mit Alternativen zur Verarmung in Afrika auszutauschen zeigte die gemeinsame Betroffenheit. Die Begegnung mit den Radiomacher_innen aus Zambia war für uns sehr bereichernd! Wir haben gestaunt wie schnell das mobile Studio aufgebaut war und wie schnell die Zuschauer_innen bei der Abschlussveranstaltung in die Sendung einbezogen wurden.“

Maria und Matthias Reichl, Redakteur_innen bei Radio Mwabonwa und Gestalter_innen der Sendung „Begegnungswege“

„The radio project was so good, thought me quite a lot of things. How to be committed to work, team work, partnership with other artists like dorftv, the creativity of the position of the mobile radio, interacting with people. What would have been better? Time allocation was limited. The wheather was a bit challenging with the rains and colds, but it was a nice experience. The people at the free radio were so kind, social, made our stay so relaxed. I dont regret been there. I learnt a lot such as keeping the enviroment clean, street bins where people can put trash. We saw different places, historical sights, parks and mountains.“

Kennedy Kein Kambole, Redakteur bei Radio Mwabonwa und Station Manager bei Zongwe FM 105,0

„Zwei Aspekte, die besonders im Gedächtnis sind: die Begegnung mit Patience und Kennedy sowie der Einsatz des mobilen Studios. Zum ersten: hat zum einen geholfen einen unschuldigen Blick auf Bekanntes zu werfen, zum anderen waren die persönlichen Erfahrungen mit den beiden einfach eine Bereicherung. Durch das mobile Studio und die unterschiedlichen Standorte kam ein Festival-Gefühl auf und live Radio zu machen fühlte sich mit all den Beteiligten wirklich sehr lebendig an. Hat Spaß gemacht!“

Jörg Stöger, FRS Redaktionsleitung

„Radio Mwabonwa war für mich eine interessante und gelungene Abwechslung zu meiner bisherigen Radioarbeit. Gemeinsam mit meinen zwei sympathischen Gästen aus Zambia plauderten wir über ihr afrikanisches Heimatland und über ihre hier in Österreich gesammelten Eindrücke. Faszinierend fand ich vor allem die mobile Radiostation – ein kleines technisches Wunderding auf einem Schubkarren – die eine Freiluftübertragung erst ermöglichte. Auch das Wetter meinte es gut mit uns, denn erst zu Ende unserer Übertragung fing es an zu regnen. Alles in Allem eine wunderbare neue Erfahrung für mich!“

Jan Zaschkoda, Redakteur bei Radio Mwabonwa und Gestalter der Sendung „Kultour around the World“

„Abenteuerlich war jeden Nachmittag die Suche nach dem passenden Ort für die LIVE-Schaltung. Manches Mal sind wir noch bis kurz vor Sendestart mit unserem mobilen Studio durch Ebensee gekurvt. Gelandet sind wir im düsteren Stiegenmuseum, beim sommerlichen Hacklerbad, im Markt oder einfach im Park.

Überraschende Momente durften wir auch mit unseren Gästen erleben. Mit ihrer Kultur haben sie uns einen neuen Blickwinkel auf unsere Kultur ermöglicht. Und wir ihnen umgekehrt hoffentlich auch?! Wie arbeiten wir, wie leben wir und was verstehen wir eigentlich unter Toleranz und Akzeptanz? Was bedeutet Armut in Afrika, was bedeutet Armut in Österreich? Wie gehen wir mit unseren Rollenbildern um?

Unsere Programmmachenden lieferten fundierte Inhalte, haben spannende Fragen zum Thema „Arbeit“ aufgeworfen und sich mit Ebensee, den Menschen und der Geschichte des Ortes auseinandergesetzt. Gemeinsam, schon im Vorfeld, technisch wie inhaltlich zu „hackeln“, war auf jeden Fall die beste Basis, um vor Ort eine durchaus experimentelle Aktion wie diese zu ermöglichen. Dankbar!“

Evelyn Ritt, FRS Programmkoordination

„Geniale Location für eine Radiosendung!“

Thomas Kreiseder via Facebook zur Sendung von der Steg-Installation am Landungsplatz

„Diese gesammelten Erfahrungen zeigen einmal mehr, dass der unmittelbare Kontakt und die Gastfreundschaft, der nötige Respekt und die Hilfsbereitschaft eine Begegnung und Zusammenarbeit von Menschen unterschiedlicher kultureller Herkunft ohne gröbere Probleme gelingen lassen. Der Blick über das Gewohnte hinaus tut beiden Seiten gut.

Patience und Kennedy haben sich nicht nur in Ebensee und Bad Ischl, sondern anschließend auch in Linz und Wien als Gäste von Radio FRO und Radio Orange sehr wohlgefühlt. Sie haben nicht nur ihre Eindrücke vermittelt, sondern auch wertvolle Einblicke in die Radioarbeit gesammelt, die sie ihren Kolleg_innen von Zongwe FM weitergeben wollen. Die Aufmerksamkeit für ihr Projekt daheim in Afrika hat auch weitere Unterstützung, u.a. in Form von Spenden, mobilisiert. Der Erfahrungsaustausch und die Zusammenarbeit wird also weitergehen.“

Peter Kuthan, Obmann der ARGE Zimbabwe Freundschaft

Einen zusätzlichen Einblick, in Form eines fünfminütigen Videos von Bernd Schröckelsberger, gibt es im Sendungsarchiv auf dorftv.at zu sehen: https://dorftv.at/video/23258

1„Umsteigen“ Festival der Regionen 2011

2105,0 Mhz, Radiostation der Volksgruppe der Tonga, sendet ein zweisprachiges 24 Stunden Vollprogramm (Chitonga und Englisch);

3Panos Institute Southern Africa: http://www.panos.org.zm Basilwizi Trust: http://www.basilwizi.org

4Organisiert seit 25 Jahren Kulturaustausch zwischen Europa und Afrika; http://www.servus.at/argezim

5Ethnische Minderheit in Zambia und Zimbabwe; durch ein riesiges Staudammprojekt in den 1950er-Jahren entwurzelt und vertrieben;

6one man – one note. re/calling Siachilaba – Wechselwirkungen aus zwanzig Jahren Kulturaustausch mit den Tonga;

7Kunsthaus Deutschvilla in Strobl am Wolfgangsee www.deutschvilla.at

 

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