Zwischen Wiener Blut und Buttersäure: Gestörter FPÖ-Wahlkampfauftakt in Wien
Zusammenfassung der FPÖ-Wahlkampfveranstaltung am 2. September 2010 in Wien sowie der Gegenaktivitäten mit O-Tönen und Interviews mit Beteiligten an einem Walzer-Flashmob gegen Rassismus. Gestaltet von Gerhard Kettler.
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Der Versuch, das Publikum bei einer Schlagerbandversion von „Wiener Blut“ zum Mitsingen zu bewegen, schlug noch fehl. Als ER aber dann zu den bombastischen Klängen von Carl Orffs „O Fortuna“ Nebenschwaden durchschneidend auf die einem Boxring nachempfundene Bühne emporstieg, waren die mehr als 1000 Personen, die sich zu HCs „Wahlauftakt“ in der Lugner-City einfanden, nicht mehr zu bremsen, sie jubelten, riefen in Chören „HaCe, HaCe, HaCe, …“.
Und dann ergriff ER das Wort. Und wenn ER das tut, geruht ER es bisweilen nicht vor Ablauf mindestens einer Stunde wieder abzugeben. Diesmal allerdings verstummte SEIN Wort nach bereits wenigen Minuten. Da half kein Klopfen aufs Mikrofon, kein in der Menge losgetretenes neuerliches „HaCe, HaCe, HaCe“-Rufen. Es floss einfach kein Strom zu Mikrofon und Lautsprechern. Während noch nach der Ursache des Stromausfalls gesucht wurde, zogen aber plötzlich Schwaden übelsten Geruchs durch die Menge, die irgendwie an Buttersäure erinnerten.
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Stramme HC-Anhänger_innen – offenbar eigentlich fast alle – ließen sich dadurch aber nicht beirren, sondern harrten aus, bis die Tonanlage wieder funktionierte, bis der Gestank von ihnen weg in andere Bereiche der Versammlung gezogen war.
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Er lasse sich nicht mundtod machen, scherzte HC, als er seine Rede fortsetzen konnte. Streng in verschiedene Richtungen blickende Herren mit Regenschirmen umgaben ihn, und warteten offenbar auf weitere übelriechende Wurfkörper – leider vergebens.
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Vereinzelt und erschreckend kurz waren Buhrufe zu vernehmen, segelten Flugzettel der SLP durch die Luft. Mindestens zwei mutmaßlich HC-unfreundliche Personen wurden auf Wunsch der FPÖ von der Polizei aus der Lugner-City entfernt.
Vor den Toren der Lugner-City hatten sich mehrere Gegner_innen von HC Strache und seiner rassistischen Politik versammelt, bei so gut wie allen Zugängen, gleich neben Infotischen der FPÖ. Wer zu HC wollte, musste zwangsläufig an den Antirassist_innen und Antifaschist_innen vorbei, ließ sich aber scheinbar trotzdem nicht bekehren.
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Junge Strache-Fans, so sie sich von ihrem Idol losreißen konnten, kamen immer wieder mit Videokameras vorbei und filmten die Antifaschist_innen. Vereinzelt kam es zu Wortgefechten. Zumindest einmal schritt auch die Polizei ein und zeigte einen Jugendlichen wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung an. Kleiner Schönheitsfehler: der der Wiederbetätigung beschuldigte Jugendliche hatte an der antifaschistischen Kundgebung teilgenommen, und war über den Vorwurf, er habe die Hand zum Hitler-Gruß erhoben, einigermaßen perplex.
Bereits knapp eine Stunde vor Straches Auftritt erteilten rund 150 walzerselige Antirassist_innen Straches Aufruf „Mehr Mut für unser Wiener Blut. Zu viel Fremdes tut niemandem gut!“ eine Abfuhr und wiegten sich am nahen Urban-Loritz-Platz zu „Wiener Blut“ von Johann Strauß. „Wir lassen unsere Stadt in Vielfalt walzern!“, hieß es im Aufruf zu diesem Flashmob, und: „Wir wollen dem Verfolgungswahn und der Blut-und-Boden-Politik der FPÖ ein schönes Bild entgegensetzen. Bei uns walzern alle auf Wiener Blut, dem schönen Walzer von Johann Strauß Sohn – egal woher sie kommen, welche Religion sie haben oder ob sie keine haben, egal welche sexuelle Orientierung oder welches Geschlecht.“
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