Radio Bob (S02E06) 13.03.19 Warum sind Frauen in der Politik noch immer unterrepräsentiert?
Am 13. März – kurz nach dem Weltfrauentag und den Gemeindewahlen in Stadt und Land Salzburg – gehts bei Radio Bob um die Frage: wer vertritt dich und mich im Parlament – besonders dann, wenn du kein Mann bist.
Frauen machen eine knappe Mehrheit der Bevölkerung aus. Aber nicht im Nationalrat, in den neun Landtagen, in den meisten Gemeindevertretungen oder in den Regierungen von Bund und Ländern.
In Österreich wird schon lange darüber diskutiert, dass sich das ändern soll. Es wurde immer wieder versprochen, die Listen der KandidatInnen und Kandidaten würden nach dem Reißverschluss-Prinzip erstellt. (Das würde nach der selben Logik funktionieren wie im Straßenverkehr.) Damit sollten dann jeweils eine Hälfte Frauen und Männer in die Parlamente kommen.
Aber selbst dort, wo sich die Parteien an den Reißverschluss gehalten haben: Der Anteil der Frauen in den gesetzgebenden Körperschaften beträgt nur ein gutes Drittel. Er ist damit noch immer weit weg von den angestrebten 50 Prozent.
Der Anteil der Frauen im österreichischen Parlament liegt, 100 Jahre nach Einführung des Frauenwahlrechts, bei derzeit 34 Prozent. EU-Spitzenreiter sind die skandinavischen Länder Schweden mit knapp 44 Prozent, vor Finnland mit 42 und Norwegen mit 41,4 Prozent. Am unteren Ende befindet sich Ungarn mit einem Frauenanteil von nur 10 Prozent.
Wo Frauen im Nationalrat stark vertreten sind: in den Ausschüssen zu Familie oder Bildung, aber kaum in Ausschüssen zu Themen wie Verkehr, Finanzen oder Wirtschaft. Obwohl die Frauenagenden davon wesentlich betroffen sind: von Öffentlichen Verkehrsmitteln bis zu Geldern für Frauenförderung oder Arbeitsmarktmaßnahmen. Nur ein Viertel der Ausschüsse im österreichischen Parlament werden von Frauen geleitet.
Mehr Frauen in politischen Positionen sind wichtig, sagt die Politikwissenschaft: sie könnten dort ihre Erfahrungen einbringen. Internationale Studien belegen,: die Zufriedenheit mit der Demokratie ist in jenen Ländern am höchsten, die einen hohen Frauenanteil in der Politik aufweisen.
Die beiden Politikwissenschafterinnen Corinna Kröber und Sarah C. Dingler benannten bei der Präsentation ihrer Forschungen in der Robert-Jungk-Bibliothek für Zukunftsfragen jene Barrieren, die Frauen von der Mitarbeit in der Politik abhalten:
Politische Ambitionen sind in der Bevölkerung generell schwach vorhanden, bei Frauen sind sie noch geringer. Frauen haben häufig weniger Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten. Sie stellen Aspekte wie Familie und Kindererziehung in den Vordergrund. Der geringe Anteil von Frauen in der Gemeindepolitik – ein wichtiges Rekrutierungsfeld für höhere Funktionen – führt dazu, dass diese auch in den Parlamenten geringer vertreten sind. Das Reißverschluß-Prinzip hilft nur bedingt: in vielen Wahlkreisen kommen nur die Listenersten zum Zug – das sind in der Regel meist die Männer. Wirksamer wäre eine Frauenquote bei den „realistischen Listenplätzen“ – dort, wo eine Partei bereits in der Vergangenheit ein Mandat erreicht hat.Kröber (im Bild links) (Juniorprofessorin an der Uni Greifswald) und Dingler, die nach Abschluss ihres Doktoratsstudiums in Salzburg an der Uni München forschen wird, plädieren für Mentoringprogramme. Dort werden Frauen ermutigt und unterstützt, in die Politik zu gehen. Zudem fordern sie ein weiteres Umdenken in den Parteien: Frauen müssten mehr eingeladen werden, sich politisch zu engagieren. Im Bild die beiden Autorinnen mit Stefan Wally von der JBZ und Alexandra Schmidt, die Frauenbeauftragte der Stadt Salzburg.
Die Partizipationsexpertinnen – beide Co-Autorinnen des Blogs COUNTING COUNTS – waren Interviewgäste von Stefan Wally in der JBZ. Ihr Arbeitspapier heißt „Warum sich der Gender Gap durch den Reißverschluss nicht schließen lässt – Eine Analyse der Repräsentation von Frauen im österreichischen Nationalrat“ und ist über die Robert-Jungk-Bibliothek für Zukunftsfragen zu beziehen. Gedruckt oder als pdf-File.
Terminhinweise zu den nächsten überregionalen Wahlen:
Die Europawahl findet in Österreich am Sonntag, 26. Mai 2019 statt. Die Hochschülerschaftswahlen an heimischen Unis und Hochschulen in den Tagen darauf – von 27. bis 29. Mai.Radio Bob ist jeden zweiten und vierten Mittwoch im Monat um 17:00 Uhr live auf der Frequenz der Radiofabrik in Salzburg hören, als Wiederholung jeweils am Samstag darauf um 9 Uhr. Auf Radio Proton in Vorarlberg jeden zweiten Samstag mittags um 12:30.
Und im Internet jederzeit auf radiofabrik.at, sowie auf der Website der JBZ.
netto 19,40 Min. Warum sind Frauen in der Politik noch immer unterrepräsentiert?
Radio Bob – aus der Robert-Jungk-Bibliothek für Zukunftsfragen (JBZ)
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