Verbrechen: Homosexuell. Urteil: Todesstrafe

Wien, Handelskai 208. Am Sonntagnachmittag, 26. Mai 1940, wird Franz Leopold (Josef) Doms zum ersten Mal von der Polizei abgeholt. Er ist 17 Jahre alt. Sein Verbrechen ist ein One-Night-Stand mit einem Mann.

Franz Doms ist eines der vergessenen Opfer der NS-Justiz. Wie tausende andere schwule Männer wurde er verfolgt, diskriminiert, inhaftiert und schließlich zum Tode verurteilt. 1944 starb er im Alter von 21 Jahren im Hinrichtungsraum des Landesgerichts Wien. Bis zu seinem Tod blieb er loyal und denunzierte nie andere, um sich selbst zu retten. Der Journalist und Autor Jürgen Pettinger hat sich intensiv mit Franz Doms‘ Leidensweg auseinandergesetzt und diesen in einem Hörfunk-Feature und einem Buch veröffentlicht. Er erzählt bildhaft, was über sein Leben bekannt ist, zitiert aus überlieferten Ermittlungs- und Gerichtsakten und bildet Dialoge anhand von Gesprächsprotokollen nach. Doch Pettingers Zugang ist mehr als eine bloße Rekonstruktion der Fakten. Er taucht tief in die Welt Franz Doms‘ ein und zeichnet dessen letzte Lebensjahre auf intime und packende Weise nach, wodurch sein tragisches Schicksal, das exemplarisch für die systematische Verfolgung Homosexueller während des NS-Regimes steht, nah und spürbar wird. »Er ist ein völlig haltloser, seinen widernatürlichen Trieben gegenüber machtloser Verbrecher, bei dem von Freiheitsstrafen kein erzieherischer oder abschreckender Erfolg mehr zu erwarten ist.« aus der Anklageschrift gegen Franz Doms.

Wir treffen Jürgen Pettinger am Wiener Zentralfriedhof, der letzten Ruhestätte des hingerichteten Franz Doms, zu einem Gespräch und senden von dort live.