Sexarbeit – (k)ein „normaler“ Beruf?
Sexarbeit ist ein vielschichtiges Handlungs- und Wissensfeld, das zugleich von vielfältigen Ambivalenzen und moralischen Vorstellungen im Alltag und in der Wissenschaft durchzogen ist. So wird Sexarbeit einerseits als Ausbeutung, Sexsklaverei, Menschen- und Frauenhandel und andererseits als legitime Arbeit bzw. als bezahlte sexuelle Dienstleistung verstanden. In diesen Diskursen kommen Sexarbeitende selbst jedoch nur selten zu Wort. In der Regel spricht mensch über sie und oft wird im Zuge dieser Gespräche jegliche Selbstbestimmung negiert. Die Debatten über Sexarbeit verzerren oft reale Verhältnisse und blenden die strukturellen Bedingungen aus, die dazu führen, dass nach wie vor überwiegend Frauen bzw. Migrantinnen in die Sexarbeit einsteigen.
Mit dem Entschluss, sich künftig weltweit für die Entkriminalisierung von Prostitution einzusetzen, hat Amnesty International die kontroverse Debatte um Sexarbeit nun erneut angeheizt. Dafür erntete die Menschenrechtsorganisation harscher Kritik – insbesondere Frauenrechtsorganisationen, die das Ziel der Abschaffung von Sexarbeit verfolgen, protestierten gegen die Pläne von Amnesty International.
Das selbsterklärte Ziel der NGO ist, die emotional aufgeladene Debatte um Sexarbeit zu versachlichen und die Menschenrechte in den Vordergrund zu stellen. Denn überall dort, wo Sexarbeit verboten ist, gebe es deutlich mehr Gewalt gegen Sexarbeitende als anderswo – so das Ergebnis der Recherchen.
Die Redaktion der feministischen Zeitschrift „Emma“ sieht das anders und veröffentlichte promt einen Artikel unter dem Titel „Amnesty will Zuhälter schützen!“. Durch die geforderte Nicht-Verfolgung von Frauenhändlern, Zuhältern und Bordellbetreibern würde Amnesty International die Frauen in der Prostitution nur noch stärker ausliefern, steht in dem Artikel zu lesen.
Katharina Beclin, Assistenzprofessorin am Institut für Strafrecht der Universität Wien, ist hingegen so wie Amnesty von der Notwendigkeit einer Entkriminalisierung überzeugt, wie auch im Standard zu lesen war: „Es ist egal, ob ich den Kauf oder den Verkauf verbiete, das läuft letztendlich insofern auf dasselbe hinaus, als das Geschäft in den Untergrund gedrängt wird und Prostituierte zögern, sich im Falle von Übergriffen an die Polizei zu wenden.“
„Staatliche Versuche, die Sexualität zu regulieren, sind nicht nur an sich bereits grundrechtswidrig, sondern fördern darüber hinaus ausschließlich mafiöse Strukturen“, ist auch das Wiener Bündnis Sexworker-Forum überzeugt, dessen Mitglieder die erniedrigende Behandlung von Frauen in der Sexarbeit durch staatliche Organe kritisieren (wie z.B. bei den in Österreich nach wie vor aufrechten Zwangsuntersuchungen).
Romina Achatz, Julia Krikler und Sarah Praschak haben dieses kontroverse Thema in dieser Sendung umfassend mit Melanie Hamen von maiz – dem autonomen Zentrum von und für Migrantinnen diskutiert, denn ein zentraler Arbeitsbereich von maiz ist auch die Zusammenarbeit mit Migrant*innen, die in der Sexarbeit tätig sind. Außerdem waren auch kurze Audiobeiträge zum Thema zu hören.
RECHERCHEQUELLEN FÜR DIE SENDUNG:
EMMA/Alice Schwarzer:
http://www.emma.de/thema/emma-appell-gegen-prostitution-111249
http://www.aliceschwarzer.de/artikel/liebe-befuerworterinnen-der-freiwilligen-prostitution-317539
http://www.aliceschwarzer.de/artikel/vorwort-das-verkaufte-geschlecht-317661
http://www.emma.de/artikel/amnesty-will-zuhaelter-schuetzen-330419
Menschenhandelheute.net:
Weiteres:
http://de.scribd.com/doc/202126121/Amnesty-Prostitution-Policy-document
http://derstandard.at/2000021090988/Legal-oder-illegal-Neue-Debatte-zu-Umgang-mit-Prostitution
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