# Seebrücke Graz fordert Bürgermeister Nagl dazu auf, Graz zum sicheren Hafen zu machen
200 Menschen sind dem Aufruf der Seebrücke Graz gefolgt und haben einen Brief an Bürgermeister Nagl verfasst. Darin fordern sie ihn auf, Menschen aus Moria aufzunehmen und Graz zum sicheren Hafen zu machen. Nachdem der Bürgermeister eine Übergabe der Briefe vor dem Rathaus abgelehnt hat, bat die Seebrück Graz den Nikolo um Hilfe. Angereist über die Balkanroute überreichte er die Briefe am Grazer Hauptplatz. VON UNTEN war bei der Übergabe dabei und bringt ein paar Ausschnitte.
Den kompletten Text könnt ihr hier mit freundlicher Genehmigung der Seebrücke Graz nachlesen:
Nikolo Seebrücke Graz | Rathaus 7. Dezember 2020 [Es gilt das gesprochene Wort.]]
Von weit, weit komm‘ ich her, über die Balkanroute, und ich habe Schreckliches gesehen: Lager für tausende Menschen ohne Duschen, ohne Heizung, ohne warme Nahrung; Kinder, die im Schlamm spielen, Zelte, die Regen und Sturm nicht standhalten, Babys in Lumpen; Menschen, die von der Polizei verprügelt werden, während sie Schutz vor Krieg und Verfolgung suchen – in Europa.
Immer ist zu hören, dass in Europa die Menschenrechte und die christlichen Werte so hochgehalten würden. Doch ist auch zu hören, dass Menschen im Mittelmeer ertrinken, weil Schiffe der Seenotrettung daran gehindert werden auszulaufen.
Sebastian Kurz, Österreichs Bundeskanzler, soll bei dieser Politik eine führende Rolle spielen; und der Grazer Bürgermeister, von derselben Partei, hält zu ihm, obwohl ich ihn gerade in dieser Zeit immer wieder von „Solidarität“ reden höre. Der Bundeskanzler sagt, er könne es mit seinem Gewissen nicht vereinbaren, Kinder aus Moria aufzunehmen. Von welchem Gewissen redet er? Ich frage!
Aber ich habe auch von vielen Menschen gehört, die mit dieser Politik nicht einverstanden sind, die kein Land wollen, das Menschen bewusst sterben lässt. Und ich habe auch gehört, dass es genug Platz gäbe, Schutzsuchende hier aufzunehmen. Etliche Menschen in Graz haben deshalb Briefe an den Bürgermeister geschrieben. Und diese Briefe habe ich heute mit – in meinem Sack hier – und ich werde sie unverzüglich für Herrn Nagl abgeben. Zuvor jedoch will ich ihm noch ein wenig die Leviten lesen, in sein Gewissen reden:
Herr Bürgermeister – als Amtsinhaber! Siegfried Nagl – als Mensch!
Solidarität darf nicht an Grenzen enden. Die Menschenrechte gelten für alle Menschen – für alle. Die Tradition der Christen, auf die sich Ihre Partei so gerne beruft, beinhaltet doch die Pflicht – ich wiederhole: die Pflicht – Schutzsuchende freundlich aufzunehmen und Menschen in Not beizustehen. In einem so reichen Land wie Österreich darf die Ausrede nicht gelten, hier sei kein Platz. Sie, Herr Bürgermeister, sollten mehr auf jene Bürgerinnen und Bürger von Graz hören, denen Menschenrechte wichtig sind und die dem Leiden und Sterben an den Grenzen Europas nicht länger zusehen wollen. Sie und Ihre Partei sollten die „europäischen Werte“, von denen immer und immer die Rede ist, mit Leben erfüllen: die Menschenrechte achten, die Würde von Menschen auf der Flucht nicht mit Füßen treten! Und: Rassistischen Äußerungen mancher Regierender muss Einhalt geboten werden!
Diese österreichische Asylpolitik riegelt Grenzen ab, drängt Menschen mit Gewalt zurück –Push-backs heißt das dann „vornehm“ –, sie lässt Asylverfahren endlos dauern, verlegt Massenunterkünfte ans Ende der Welt und lässt Geflohene nicht arbeiten, sie zieht Anhaltelager hoch und setzt auf Abschiebungen – AUCH in Kriegsgebiete! … So kann und so darf es nicht weitergehen!
Menschen auf der Flucht brauchen sichere Routen und sichere Häfen! Schutzsuchenden zu helfen, ist kein Verbrechen! Helferinnen und Helfer dürfen daher nicht kriminalisiert werden!
Menschenrechte, Herr Bürgermeister, haben kein Ablaufdatum! Menschenrechte sind und bleiben universell!
VON UNTEN – Das Nachrichtenmagazin auf Radio Helsinki
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