Schlafens Brüder (Perlentaucher XLVI)
Schlafen, träumen, verwandeln – so selbstverständlich uns das auch erscheint, so unerforscht bleiben doch die einzelnen Vorgänge und Zustände jener eigenen Zwischenwelt, die wir da allnächtlich durchreisen, um anderntags überrascht wiederbelebt aufzuerstehen. So selbstverständlich sind uns die versammelten Übergänge von dem einen in immer noch andere Unterbewusstseinsformen, dass wir sie erst dann wahrnehmen, wenn sie uns abgehen – oder anderweitig in Schräglage geraten. Schlaflosigkeit, Schlafsucht, Schlaftrunkenheit, Schlafwandlerei – alles Phänomene, die den Geist so gründlich in bewusstseinsandere Sphären versetzen, wie das sonst nur erhebliche Portionen schwindelerregender Anwendungen vermögen – in der Gestalt des Rausches.
Wollen wir hier also nunmehr der Phänomenologie schlafverwandter Inzwischenheit wissensgschaftlich zu Leibe (oder zu Traumgestalt) rücken? Keineswegs, das sei sehr, sehr ferne von uns! Viel zu vertraut ist uns doch das Traumtänzerische der “blauen Stunden”, in denen oft das Phantastische ins Festgefügte hineinragt – auch eins ins andere übergeht, unmerklich sich mischend und doch immer getrennt, in zauberhafter Berührung verwandter Verschiedenwesen. Wie immer man diesen Aggregatzustand des Seelenerlebens bezeichnen möchte – als kreatives Vakuum, schöpferischen Prozess, visionäre Befruchtung – er entzieht sich seiner physikalischen Fassbarkeit ebenso wie unserem beschreibenden Zugriff. Er oder es oder sie bleibt zwischen dem Gemeinsamen inmitten der Gegensätze unerkannt unterscheidbar wohnen als flüchtiger Moment möglicher Begegnung von Tag, Nacht und…
…Inspiration beim Formulieren, tastendes Suchen nach einem verlorenen Begriff, Aufregung über das Aussterben der Idealisten, Träume von einer besseren Welt, gestohlene Ideen und Identitäten, entgleiste Assoziationsketten, versunkenes Nasenbohren und unendliche Müdigkeit, gleichzeitig da – und doch woanders sein, müssen, sollen und wieder nicht wollen dürfen, entrückt, versetzt, zerbrieselt, im Aufschwung zum Ausguss stürzen, kilometerschwer hintangedrückt, fallend im Liegen flattern, von schlaf kunnst, erst, mehrmals, nichts, lohnender Abgrund, die Verschiebung der Perspektive auf morgen, bleizeitig Kaffee trinken, ringsüber zu Wort kommen, nieweder zur Geltung, Hirndrang verspüren, sich Beleichterung erschaffen, frei sein – und langweil ich, entoder wer, na von froh herein, zum zweiziegsten Mal, in Luft tauchen, traumreich, schlaftrunken, nachtwach…
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