Schaffnerlos
Mit dem diesmonatlichen Ganzen Album wollen wir einen wesentlichen Mitverursacher des Phänomens Austropop würdigen – und ihn speziell für die jüngere Generation den allzu schlappen Genrezuordnungen wie etwa „Musiker, Darsteller, Kabarettist“ entreißen. Denn Joesi Prokopetz schrieb nicht nur die Texte der meisten frühen Ambros-Hits (Da Hofa, Es lebe der Zentralfriedhof), sondern erschuf auch (im Produnktionskollektiv Ambros, Tauchen, Prokopetz) bis dato in Österreich einzigartige Konzeptalben/Hörspielwelten: „Der Watzmann ruft“, „Augustin“ – und eben das hier nunmehr zu erlebende „Schaffnerlos“. Ein viel zu lang schon auf Kleinkunst und Blödelspaß reduzierer Textdichter, dessen hintergründig wienerische Beobachtungen endlich auch in einer Dissertation gewürdigt wurden.
Es ereignen sich so wunderliche Szenen wie zum Beispiel diese: „Passns auf, do kennt jo jeda kumma und ma wos vo seim Sackl vuawanan und donn zwa Stationen umasunst foan! Bei mir lösen sie sich einen Fahrschein und donn kemma weida redn.“ – „Aso, so woin sie des drahn? Sie woin mi bezichtign, vo mia aus bleibns stehn mit ihnan Kibl!“ – „Sogns ned nu amoi Kibl zu meim Beiwogn!“ – „Kibl sog i.“ – „Sogns es ned nu amoi!“ – „Kibl sog i, jawoi, Kibl! Kibl! Kibl! Kibl!“ – „Ka anzichs Moi mea!“ – „Kibl! I hob jo gseng, doss eas gseng hot. Ea hots jo duat hin gstöd, ned.“ – „Jo ich bitt sie, so gehns doch weiter, wie kommt man denn dazu, der Herr Schaffner ist doch auch nur ein Mensch.“ – „Wos is a? A Mensch is a? A Sackldiab is a!“ – „Schauns, dass aussikumman, jo, jetzt is genug!“ – „So gehns doch weiter, sie Rüpel!“ – „Mischns ihna ned dauernd ein, sie Funzn, sie oide. Mundraub is des, jawoi, Mundraub. Mundraub!“ Wen wunderts, dass derlei atemberaubender Disput letztendlich in einem anarchischen Ausbruch der lebenslang unterdrückten Emotion kulminiert: „Von mia aus kennan mi olle umasunst am Oasch leckn!“ Das einfühlsam gezeichnete Psychogramm des echten Wieners zwischen Anpassung und Aufbegehren, oder, wie es Uwe Dick in der Vorrede zum Öd formulierte: „Die Summe derer, die ich täglich aushalten muss.“
Wir wünschen viel Vergnügen!
Ähnliche Beiträge
- Kasperl oder Genie… aus der Sendereihe „artarium“ 26.05.2019 | Radiofabrik
- Es muss weitergehn aus der Sendereihe „artarium“ 19.05.2019 | Radiofabrik
- Auf den Kopf geschissen (Perlentaucher CIII) aus der Sendereihe „Nachtfahrt Perlentaucher“ 11.05.2019 | Radiofabrik
- ZERPUPPungEN 171 300419 aus der Sendereihe „ZERPUPPungEN.“ 02.05.2019 | Orange 94.0
- Vielkommen Osternreich aus der Sendereihe „artarium“ 21.04.2019 | Radiofabrik
- ZERPUPPungEN 169 .. 020419 aus der Sendereihe „ZERPUPPungEN.“ 02.04.2019 | Orange 94.0
- Der Fall Hagenbuch aus der Sendereihe „artarium“ 14.10.2018 | Radiofabrik
- Je Geld desto Oasch aus der Sendereihe „artarium“ 23.09.2018 | Radiofabrik
- ZERPUPPungEN 142 170718 aus der Sendereihe „ZERPUPPungEN.“ 18.07.2018 | Orange 94.0
- Ein Album zum Muttertag aus der Sendereihe „artarium“ 13.05.2018 | Radiofabrik