Ringen ums Mitgefühl (Perlentaucher XLIV)
Eine dichte Themensendung, die wir eigentlich zusammen mit dem multikreativen Salzburger Designer und ARTdirector Bernhard Jenny (jennycolombo.com) als Gast im Studio gestalten wollten – doch leider musste er uns kurzfristig wegen einiger dringender Auswärtstermine absagen. Nichtsdestotrotz – und als Zeichen unserer Lebensnähe – werden wir diesen assoziativen Tauchgang durch allerlei Bedrohungen wie auch Perspektiven des Zusammenlebens als menschenwürdiges Gemeinwesen titelgetreu durchführen. Denn das “Ringen ums Mitgefühl” stellt einen wesentlichen Schlüssel zur Veränderung ungerechter Verhältnisse in unserer Gesellschaft dar – und dem wollen wir in gewohnt anregender Weise nachspüren, in Anwesenheit des Abwesenden
Eindrücke. Die Idee zu einer gemeinschaftlichen Nachtsendung entstand spontan im Anschluss an die Präsentation seiner Aktion 100x NIE WIEDER für Marko Feingold im Artarium. Wir fanden einfach, auch der politisch bewusste Blogger und Menschenrechtsaktivist Bernhard Jenny hätte noch viel mehr zu Themen wie Ausgrenzung, Misshandlung und sozialer Kälte zu sagen, als dies zwischen den Zeilen einer knappen Stunde jemals möglich sein kann. Und auch wenn das Livegespräch diesmal nicht wie geplant stattfinden kann, wiewohl gerade jetzt Einiges zu erörtern wäre, vom xenophoben Hetzwahlkampf der Stadt-ÖVP bis zu den aktuellen Umtrieben pseudoengagierter Bürger_innen und Boulevardblättchen gegen die herbeipantasierte Roma-Bettelmafia, die Perlentaucher-Gesprächsrunde zum tatsächlichen Engagement für eine solidarische Zivilgesellschaft ist nur verschoben, nicht aufgehoben. Ein neuer Termin im Herbst ist bereits in Planung! Dann wird es auch noch genug zu reden geben.
Wut und Zärtlichkeit. Wie sagte es schon der inzwischen weltberühmte Autor der Millennium-Trilogie, der lebenslang auch als Journalist um Gerechtigkeit für die Misshandelten und Unterdrückten kämpfende Stieg Larsson im letzten Interview vor seinem plötzlichen Tod:
“Die Demokratie ist immer bedroht. Demokratie ist nichts Gottgegebenes und fällt nicht einfach vom Himmel. Dafür muss man arbeiten, die ganze Zeit. Jede Generation muss sich neu dafür entscheiden, die Demokratie zu verteidigen.”
Doch was ist das, Demokratie? Etwa das, was populistische Volksfürdummverkäufer und spielsüchtige Weltfinanzruineure als ihr Spielbrett zum Machterhalt mittels dubioser “schweigender Mehrheiten” betrachten? Wir wollen doch nicht die stillen Teilhaberer dieser korrupten Koalition aus servilen Grinsokraten, machtgeilen Technoluzzern und hinterfotzigen Mammonisten sein! Die blödblökenden Steigbügelhalter von Ihrer Hochprozentigkeit Schwindelkasper III. auf den Thron des statistischen Durchschnitts. Wir leben in einer repressiven Demoskopie und werden von vorn bis hinten abgelenkt und eingelullt. Das macht uns völlig zu Recht wütend und wir möchten oft schier daran verzweifeln. Gibt es da überhaupt Hoffnung?
Ausblicke. Wenn wir uns nun, noch immer unter dem Eindruck der Thesen von Ilija Trojanow und den Arbeiten über sein Buch “Der überflüssige Mensch” mit den Möglichkeiten des Widerstands beschäftigen, dann kommt natürlich schon Skepsis auf, wie sehr die wahlumworbene und konsum-gemaistreamte Mitte der Gesellschaft überhaupt noch besserer Einsicht zugänglich ist. Dem möchte ich hier abschließend eine wesentliche Erkenntnis des Psychoanalytikers Arno Gruen entgegen halten, die er schon in “Der Verlust des Mitgefühls – Über die Politik der Gleichgültigkeit” begründet hat: Wenn die gesamte Gesellschaft im Hinblick auf ihre Empathiefähigkeit in Gestalt der Gauß’schen Glockenkurve abgebildet wird, dann stellt der eine Rand die Minderheit der gefühlstoten Soziopathen dar, der andere die ebenfalls kleine Gruppe der lebendigen “Einfühlungsvermögenden”. Die überwältigende Mehrheit dazwischen ist dem Mitgefühl für das Leiden ihrer Mitmenschen grundsätzlich zugänglich. Sie benötigt dafür zwar die Beeinflussung durch möglichst zahlreiche Beispiele – doch die können wir ja bieten
Wenn das kein Grund zum Weitermachen ist…
Ähnliche Beiträge
- Nachrichten auf ORANGE 94.0 – 19.5. 2014 (ganze Sendung) aus der Sendereihe „Nachrichten auf ORANGE 94.0“ 20.05.2014 | Orange 94.0
- Rechtsextremer Aufmarsch in Wien – Polizeieinsatz gegen Antifaschist_innen fordert... aus der Sendereihe „Nachrichten auf ORANGE 94.0“ 19.05.2014 | Orange 94.0
- Nachrichten auf ORANGE 94.0 – 16.5.2014 (ganze Sendung) aus der Sendereihe „Nachrichten auf ORANGE 94.0“ 16.05.2014 | Orange 94.0
- „Identitäre“ Rechtextreme marschieren am 17. Mai 2014 auf der Mariahilfer Straße.... aus der Sendereihe „Nachrichten auf ORANGE 94.0“ 16.05.2014 | Orange 94.0
- Nachrichten auf ORANGE 94.0 – 5. 5. 2014 aus der Sendereihe „Nachrichten auf ORANGE 94.0“ 05.05.2014 | Orange 94.0
- 8. Mai: Die Zerschlagung des Nationalsozialismus feiern. aus der Sendereihe „Nachrichten auf ORANGE 94.0“ 05.05.2014 | Orange 94.0
- Schallmooser Gespräche #74: Trau keinem über 30 aus der Sendereihe „Schallmooser Gespräche“ 17.04.2014 | Radiofabrik
- Heimat under construction Part 1 (Perlentaucher XLIII with Guests from Slovenia) aus der Sendereihe „Nachtfahrt Perlentaucher“ 14.04.2014 | Radiofabrik
- Brief des Antifaschisten Josef, der seit Demo gegen Akademikerball 2014 in U-Haft... aus der Sendereihe „ZIP-FM-Lokalausgabe Wien – Einzelbeiträge“ 08.04.2014 | Orange 94.0