Reise Freiheit
Von Thomas Bernhard ist uns ja überliefert, dass er sich “auf Reisen” auschließlich “unterwegs seiend” wohl gefühlt hat – und nie als “noch nicht Abgereister” oder als “bereits Angekommener”. Das steht irgendwo in “Wittgensteins Neffe”, naturgemäß im Zusammenhang mit dem für ihn so wichtigen “Autofahren”. Wir sollten auch mal wieder eine Reise tun. Denn, um hier gleich mal eine gescheite Weisheit dazu zu scheißen, “unterwegs begegnet man sich selbst”. Wie kann man in Zeiten wie diesen ans Reisen denken? Krieg, Klima, Krise, Kreisch, Pandemie! – Eben. Gerade deshalb. Nie war es so wertvoll wie heute. Wer sich nicht einlässt auf sich selbst, hat schon verloren. Eine Reise ist nie nur eine Fortbewegung von A nach B. Eine Reise verändert unsere Wahrnehmung der Welt.
Ob wir einen Spaziergang machen, einen Ausflug, eine Wanderung, eine Expedition in für uns fremde Gegenden und Kulturen, ob wir in den nächstbesten Wald gehen, in ein anderes Land reisen oder uns wie auch immer bis an die Grenzen selbsterfahren – stets entdecken wir etwas Neues – das allerdings genauso immer schon da gewesen ist – wie wir selbst. Nur, dass wir es bislang noch nicht bemerkt haben. Eine Blume am Wegrand, der Geruch von Schweiß, die Silhouette der fernen Berge, Stille, Muskelkater, ein Dorf, Viehstall, Vogelgesang, Menschenmusik, der Duft von Gebratenem, Himbeeren, Moos, das Glitzern eines Wassertropfens, modriges Laub, Gemäuer, eine Eidechse, die staubige Straße, Abendwärme, herzliche Begrüßung, Kinderlachen. Alles löst sich auf in Erschöpfung und Schmerz. Erscheint irgendwie, klebt kurz und verweht. Alles fließt in ein Festes, Plätschern fängt sich auf, Melodie wird. Ich bin angekommen. Ich bin aufgebrochen. Ich bin abgelenkt. Ich unterwegs.
Ich und das Kind, das ich bin. In einer Welt, in der sich immer dasselbe wiederholt. Sempre quella. Sempre guerra. Was für ein Wahnsinn, diese Wirklichkeit, die eine Normalität sein soll (was auch immer das sein soll). Ich will lustig sein und lebensfroh lachen, zumindest mit Wilfried im Salzkammergut. Ich will durch meine Phantasien reisen – wie in einem mallorquinischen Langgedicht namens “palmen unter”. Ich will, dass sich Phantasie und Wirklichkeit wieder miteinander vertragen. Und ich will keine Angst haben! Wie bei Giacomo Sferlazzo am Strand von Lampedusa…
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