Rassismus und Antirassismus: Worüber reden wir eigentlich?! Teil 2
Rassismus und Antirassismus: Worüber reden wir eigentlich?! Teil 2
Geht noch einmal um die kleine Broschüre „Sprache schafft Wirklichkeit“ als Anleitung für einen „rassismuskritischen Sprachgebrauch“, oder: „Wenn das Rassismuskritik ist, was ist denn dann Rassismus?“ Die Broschüre stammt von einem „Antidiskriminierungsbüro Köln“, ein link dazu findet sich wie üblich in der Mitschrift dieser Sendung auf cba.media – Podcast „Kein Kommentar“. (https://www.uni-hamburg.de/gleichstellung/download/antirassistische-sprache.pdf)
Einleitend und als Antwort auf Anfragen noch einmal eine Zusammenfassung der patriotischen Vorbehalte gegenüber Einwanderern. Sehr geeignet ist eine kompakte Stellungnahme von Jörg Haider, und eine von J.F. Kennedy. Haider hat früher für manchen Skandal gesorgt und einiges Aufsehen erregt; die folgende Auskunft war völlig unspektakulär und ist ohne große Resonanz geblieben, weil sie offenbar dem gesunden Patriotenverstand aus dem Herzen spricht. Angesprochen waren damals im Jahr 1990 – nach Auflösung des Ostblocks –, etliche Osteuropäer, die im Westen ihr Glück versuchen wollten:
„Und man muss ja auch ganz ehrlich sagen, es hat sich ja auch als richtig herausgestellt, dass es nicht immer die Besten sind, die zuerst von zu Hause weglaufen. Dadurch haben wir eine riesige Kriminalität in diesen Einwanderungsbereichen bekommen. … Es gilt letztlich das sicherzustellen, was man auch unseren Eltern und Großeltern im Jahre 1945 nach dem Krieg gesagt hat. … Nicht abhauen von Österreich heißt die Devise, sondern die Ärmel aufkrempeln, fleißig arbeiten und dieses Land aufbauen. Und sie haben dieses Österreich hervorragend aufgebaut, aber das gilt auch für die Osteuropäer: Nicht abhauen von daheim, sondern selbst fest arbeiten und das Land aufbauen … “ (Wahlkampfrede 1990)
Die moralische Minderwertigkeit der Fremden war für Inländerfreund Haider eine Tatsache. Von zu Hause wegzugehen und im Ausland kriminell zu werden, das war für Haider eine schlüssige Laufbahn, weil das Fortgehen den Charakter demaskiert. Wer an sich denkt, wem seine Interessen wichtiger sind als der Dienst am Vaterland, der hat sich entlarvt. Sogar dann, wenn seiner Heimat der Export von unbenutztem Proletariat durchaus gelegen kommt, um wenigstens in den Genuss von Devisenüberweisungen zu gelangen. Ein wirklich anständiger Mensch geht mit und für die Heimat durch dick und dünn, macht unbeirrt alle guten und schlechten Zeiten mit, wie die Politik sie ihm beschert, in Krieg und Frieden, in der Demokratie und im Faschismus, er lernt nie etwas daraus, lässt sich von seinen Führern alles gefallen und wird dafür reich belohnt, durch viele Lobesworte. So, wie das leider die „Eltern und Großeltern“ gemacht haben. Der ausländische Proletarier macht auf den Fanatiker Haider den Eindruck des vaterlandslosen Gesellen, er gehört deswegen bei jeder Gelegenheit zu den „üblichen Verdächtigen“. Die Rechtschaffenheit der einheimischen Anständigen kommt – im patriotischen Weltbild – weniger aus dem Wissen um Polizei und Justiz, sondern aus dem Patriotismus, aus der Parteilichkeit für das nationale Kollektiv, weswegen der verwurzelte Bürger dessen Regeln und Normen, Sitten und Gesetze befolgt. Er sieht im übergeordneten Interesse seines Gemeinwesens auch die Schranken ein, die ihm gesetzt sind. Einem Ausländer, dem die nationale Parteinahme für das „Gastland“ abgeht, fehlt folglich dieses entscheidende Motiv, daher gilt bei ihm von vornherein die Schuldvermutung – der Anstand kommt aus dem Nationalismus und aus der Treue zur Heimat. Und die kommt aus der Zugehörigkeit zu dem als un- und vorpolitisch gedachten Kollektiv. Das macht sowohl das Aushalten von „schweren Zeiten“ als auch das Aushalten der Beschränkungen durch Recht und Gesetz zur Ehrenpflicht! Das unterscheidet ein Staatsvolk von Minderheiten oder Zugewanderten oder Leuten, die nur an sich denken! Wenn Rechtsradikale „Wir sind das Volk!“ skandieren, dann meinen sie übrigens genau dieses: „Wir“ geben uns für alles her, machen alles mit, vorbildlich wie die „Eltern und Großeltern“ – und deswegen gehören „wir“ privilegiert. Wer diese edle Gesinnung dem „eigenen“ Volk gegenüber nicht aufbringt, sondern fortgeht, ist in der Fremde schon deswegen des Parasitentums verdächtig. Wer egoistisch ist, unwiderleglich bewiesen durch „weglaufen“ und „abhauen“, der wird leicht zum Verbrecher, denn alle ökonomischen Mechanismen und Momente der Lohnarbeit für Kapital zeitigen sachzwangartig das Ergebnis, nicht für sich zu schuften, sondern für Kapital und Staat – so wird eben „das Land“ aufgebaut, nicht der eigene Wohlstand. So geht der unglaublich schlüssige „Zusammenhang“ von „Ausländer“ und „Ausländerkriminalität“, gegen den keine Statistik greifen kann, weil er aus der Wahnwelt von Patrioten stammt!
Der andere Spruch ist ein bejubelter Klassiker von Kennedy:
„Und deshalb, meine amerikanischen Mitbürger: Fragt nicht, was euer Land für euch tun kann – fragt, was ihr für euer Land tun könnt.“ (Antrittsrede 20. Jänner 1961)
Der Imperativ ist natürlich nicht so zu verstehen, dass sich die Mitbürger endlich mal darüber klar werden, worum es im amerikanischen Freiheitsstall überhaupt geht, um sich dann und auf dieser Basis zu überlegen, ob oder wie sie dabei mitmachen wollen. Umgekehrt: Sie sollen fest entschlossen für ihr Land antreten, egal wofür sie gebraucht werden, und wen sie dabei fragen sollen, ist auch klar. Kennedys Forderung möchte ein bestimmtes Echo hervorrufen, also: „Demokratisch gewählter Führer befiel, wir folgen!“. Jeder Migrant nun, der hat genau andersherum die verpönte, die ungehörige Frage gestellt, was sein Land für ihn tut, und ist zum Befund gekommen, erkennbar am „abhauen“, dass sein Land nichts taugt, für ihn. Daran ändert auch des schlechte Gewissen mancher Migranten nichts, und auch nicht eine emotionale Anhänglichkeit an die alte Heimat. Soviel als Nachtrag.
Einige andere Stichworte der rassismuskritischen Broschüre widmen sich den internationalen Beziehungen bzw. deren Resultaten. Vorher wieder eine kleine Erinnerung an das richtige Leben.
Eine eindeutige Hierarchie in der Staatenwelt …
In ökonomischer Hinsicht gibt es eine eindeutige Hierarchie in der Staatenwelt, beginnend mit den G7 – die „führenden Weltwirtschaftsmächte“ (G8-Intermezzo vorbei), manchmal ausgedehnt auf G20 (mit sog. „Schwellenländern). Dazu gibt es Verbände wie die OECD, das sind die sog. „entwickelten“ Länder, derzeit 38; dazu regionale Wirtschaftsbündnisse auf allen Kontinenten. Ganz unten angesiedelt sind: Ca. 40 „Highly Indebted Poor Countries“ (Hochverschuldete arme Ländern; HIPCs) – das ist eine offizielle Kategorie der G7, der Weltbank und des IWF; diese HIPCs sind 1999 – nach strengen Kriterien – in den Genuss eines „Schuldenerlasses“ gekommen: Schulden von zahlungsunfähigen Ländern, die also sowieso uneinbringlich waren, wurden umgebucht und teilweise gestrichen. Das war damals ein Bruch der bisherigen Praxis der Umschuldung und ewigen Prolongation im Umgang mit Pleite-Staaten. (Nähere Auskünfte sind erhältlich. Literatur vorhanden.) Einige dieser hochverschuldeten armen Länder haben den Einstieg in die endgültig allerletzte Kategorie in dieser Skala geschafft; das sind die sog. „failed states“, gescheiterte Staaten. Damit ist i.d.R. gemeint, dass da ein flächendeckendes Gewaltmonopol als zuverlässiger Ansprechpartner aller auswärtigen Interessen und Bedürfnisse nicht mehr existiert, und häufig auch keine National-Ökonomie, die diese Bezeichnung verdient, weil sie den Staat ernährt.
Auch zu diesen teils verheerenden Zuständen auf dem Globus hat die rezensierte Broschüre „Sprache schafft Wirklichkeit“ eine Meinung, ohne sich mit der Sache zu befassen, weil das Interesse eben der Sprache gilt. So wird die Bezeichnung
„Dritte Welt“ abgelehnt, als „abwertend“ und „generalisierend“; statt dessen möge man von „einer Welt“ sprechen oder … bei einer „Zusammenfassung mehrerer Länder das gemeinsame Merkmal angeben“.
Gern, das mit dem gemeinsamen Merkmal lässt sich machen. Die „Dritte Welt“, das war mal eine durchaus sachliche Charakterisierung. Die „erste“ Welt waren die westlichen Zentren des Imperialismus mit den USA an der Spitze, die „zweite“ Welt war das damalige „sozialistische“ Lager, und die „dritte“ Welt waren die früheren Kolonien, die nach dem Zweiten Weltkrieg in eine vom Westen sorgfältig überwachte „nationale Unabhängigkeit“ entlassen wurden. Dass die Bezeichnung „Dritte Welt“ inzwischen eine sehr abwertende Konnotation hat, das liegt an den vielen Pleitestaaten und an den gescheiterten Staaten, die daraus geworden sind. Diese Karrieren wieder sind das Resultat der tatsächlichen „Entwicklung“, die diese Länder mit viel „Hilfe“ aus der Ersten Welt hinter sich gebracht haben, einer Entwicklung zu den Hinterhöfen des globalen Kapitalismus nämlich. Auch dazu hat die Broschüre „Sprache schafft Wirklichkeit“ eine eindeutige Meinung, ohne sich damit zu befassen. Es seien, man ahnt es schon,
die Bezeichnungen „Entwicklungshilfe“ und „Entwicklungspolitik“ abzulehnen, denn „der Glaube an Entwicklung und Fortschritt ist ein Konstrukt der europäischen Geistesgeschichte, welches bestimmte Länder auf eine untergeordnete Ebene stellt, ohne deren Weltsicht als gleichwertig anzuerkennen“. Deswegen sollte „Entwicklung“ weggelassen werden, und „nur von Hilfe, Politik und Zusammenarbeit in Hinblick auf konkrete Länder“ gesprochen werden.
Nun, es ist nicht die „europäische Geistesgeschichte“ bzw. ein daraus geborenes sprachliches Konstrukt namens „Entwicklung“, wodurch diese Länder auf eine sehr, sehr „untergeordnete Ebene“ gestellt werden – es ist schon die europäische Politik, die diese Länder für den Weltmarkt funktionalisiert hat. Denn auch diese Länder mussten sich seit Beginn ihrer Unabhängigkeit dem globalen Handel mit Waren und Kapital öffnen, bzw. durften sich in die Konkurrenz der Kapitalstandorte einklinken – und waren dem praktischen Vergleich mit den „entwickelten“ Nationalökonomien einfach nicht gewachsen.
Die „Hilfe“, welche die rassismuskritische Broschüre ausdrücklich gelten lassen will, sobald die „Entwicklung“ gestrichen ist, weil damit eine Rückständigkeit behauptet ist, jene „Hilfe“ also bestand und besteht aus Krediten und nicht aus Geschenken an die „Entwicklungsländer“, die man nicht mehr so nennen soll.
Ein kleiner sachlicher Einschub: Durch den Kredit wird das Recht der Kreditgeber, der Gläubiger auf Schuldenbedienung zum Sachzwang in diesen Ländern: Die dortigen Regierungen fördern aus nationalem Eigeninteresse, um nämlich durch Schuldenbedienung kreditwürdig zu bleiben, ökonomisch alles, was Devisen bringt; sie betrachten Grund und Boden und die Menschen im Land als mehr oder weniger brauchbare Ressourcen auswärtiger Investoren, und da hat sich über die Jahrzehnte die Lage eindeutig geklärt: Kommerziell brauchbar sind in sehr vielen Ländern in erster Linie Bodenschätze und landwirtschaftliche Produkte für den Export (cash crops), die Menschen als Arbeitskräfte eher wenig. Darum haben sie wenig zu beißen, heißen deswegen auch gern „Überbevölkerung“, und etliche von ihnen machen sich als Flüchtlinge auf den lebensgefährlichen Weg nach Norden. Aus welchem Interesse so eine „Hilfe“ stattfindet, das entdeckt die westliche Öffentlichkeit sofort, aber nur an anderen, an den Projekten „Made in China“ etwa. Da entdeckt man schon, dass „Hilfe“ per Kredit in die Schuldenfalle führt – dabei sind die „Seidenstraßen“ nichts anderes als Entwicklungshilfe auf chinesisch. Wie die westliche setzt auch diese „Hilfe“ auf das Eigeninteresse der Adressaten, weil das Bedürfnis nach „Entwicklung“ keineswegs etwas Fremdes, Aufgezwungenes ist. (Einschub Ende. Weitere Auskünfte zur Politischen Ökonomie der „Entwicklungsländer“ sind – auf Anfrage – erhältlich.)
Jedenfalls, aus rassismuskritischer Sicht ist die „Hilfe“ wieder einfach zu haben: einfach „Entwicklung“ streichen! Denn durch das Streichen von „Entwicklung“ wird das Odium der Rückständigkeit gestrichen, damit „die Weltsicht“ dieser Länder „als gleichwertig anerkannt“, und das wieder – wir erinnern uns: „Sprache schafft Wirklichkeit“ – ist ohnehin der springende Punkt, weil die neue Sprachregelung dieser „Weltsicht“ damit „Wirklichkeit“ verschaffen soll. Worin besteht sie denn nun, diese nicht als „gleichwertig“ anerkannte „Weltsicht“? Das einzige Vorkommen der „Weltsicht“ derer, die nicht mehr unterentwickelt genannt werden sollen, das ist im Glossar das Stichwort „Naturreligion“. Auch diese Bezeichnung wird abgelehnt, weil sie „auf der Theorie des Kulturevolutionismus basiert“ und die so „bezeichneten Religionen abwertet“. Statt dessen möge man die jeweilige „konkrete Eigenbezeichnung verwenden. Wenn verschiedene Religionen zusammengefasst werden, sollten hierfür ausschlaggebende Aspekte benannt werden“. Auch das ist leicht: Der Terminus „Naturreligion“ benennt nämlich den ausschlaggebenden Aspekt: Gesellschaften, in denen die Natur und ihre Gesetze weitgehend unerforscht und unerkannt sind, die erheben gern die Natur bzw. einige ihrer Elemente zum Gegenstand einer kultischen Verehrung, weil man sich die Natur bzw. ihre Bestandteile als beseelt vorstellt, womöglich von Göttern oder wenigstens von guten oder bösen Geistern bewohnt und beherrscht. Mit diesen Geistern muss sich der Mensch gut stellen, vielleicht sie auch durch Opfer beschwichtigen, weil er von ihnen abhängt. Deswegen waren diese Gesellschaften übrigens der Wucht der Kolonialmächte nicht gewachsen, von denen die Naturgesetze u.a. für die Konstruktion überlegener Waffen genutzt wurden …
Ihrem bereits erwähnten Faible für den Kolonialismus folgt die Broschüre mit Sinn fürs Detail, und produziert dabei manche Realsatire. Es sollen etwa die Bezeichnungen „Dschungel“ und „Busch“ vermieden und durch die „konkrete Bezeichnung der geografischen Vegetationszone z.B. Regenwald, Savanne, Steppe“ ersetzt werden. Der Regenwald könnte sich abgewertet fühlen, wenn man Dschungel zu ihm sagt – darauf muss man doch erst mal kommen. Ebenso sollen die Bezeichnungen „Tropenmedizin“ und „Tropenkrankheit“ durch die „konkrete Benennung der Krankheit“ und des „Medikaments“ ersetzt werden. Warum das alles? Nun, wir ahnen es, das sind Bezeichnungen aus der „Kolonialzeit“. Auf das Wort „Fetisch“ muss man natürlich auch im „Kontext von Religionen in ehemaligen Kolonien verzichten“, es ist „durch Kolonialisierung geprägt“. Statt dessen bevorzugt: „Reliquie, Heiligtum, Talisman, Glücksbringer, Amulett“. Nun, solche Gegenstände – „Talisman, Glücksbringer, Amulett“ etc. –, die verdienen sich im Rahmen des jeweiligen Aberglaubens bekanntlich ihre Verehrung durch den Glauben der Gläubigen an übernatürliche Eigenschaften und Kräfte: Der Talisman soll seinem Träger Macht verleihen, ihn ev. beschützen. Die Sprache erfüllt ironischerweise die Bestimmung des „Fetisch“ in diesem rassismuskritischen Kontext: Sie hat die Macht, Wirklichkeit nicht nur zu bequatschen, sondern zu schaffen – natürlich nur im Gemüt derer, die daran glauben.
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Einen sehr charakteristischen Erfolg dieser Sorte Rassismuskritik, zwar nicht in sprachlicher Hinsicht, meldet der Standard am 14. Jänner 2022 aus den Niederlanden: „Niederländischer König lässt künftig goldene Kutsche wegen rassistischer Abbildung unbenutzt … Traditionell fährt das Königspaar im September zur Eröffnung des Parlaments in der „Gouden Koets“, wie sie auf Niederländisch heißt. Doch nun wird sie noch länger ins Museum verbannt. Denn um die Kutsche ist bereits seit langem ein Streit entbrannt. Die einen sehen sie als Symbol der Monarchie, die anderen einen Gegenstand des Rassismus und der Unterdrückung. Denn an einer Seitenwand der Kutsche findet sich das Werk „Huldigung der Kolonien““ … Es zeigt, „wie die Niederlande den Kolonien das Geschenk der „Zivilisation“ brachten. Zu sehen sind mehrere schwarze und asiatische Menschen, die einer weißen Frau – den Niederlanden – Geschenke wie Kakao und Zuckerrohr darbieten.“ (Standard 14.01.2022)
Ehrlich verdiente Geschenke für die Gabe der Zivilisation … Der niederländische König jedenfalls ist voll auf der Höhe der Zivilisation, der gegenwärtigen nämlich. „“Solange es in den Niederlanden Menschen gibt, die täglich den Schmerz der Diskriminierung spüren, wird die Vergangenheit ihren Schatten über unsere Zeit legen“, sagte der Monarch. … „Die goldene Kutsche wird erst dann wieder fahren können, wenn die Niederlande dafür reif sind. Und das ist jetzt noch nicht der Fall.““
Wenn heutzutage jemand den „Schmerz der Diskriminierung“ spürt, was spürt er? – Die „Schatten der Vergangenheit“ natürlich. Denn nach dem selbstgefälligen, selbstgerechten Bild der Demokratie von sich selbst hat Rassismus bekanntlich nichts mit der heutigen Zivilisation zu tun!
Abschließend also die Erinnerung: Auch in den Niederlanden gibt es die Vorstellungen einer original niederländischen Menschensorte, analog zu den Bio-Deutschen oder den Wurzel-Österreichern, die sich durch Eigenschaften wie Sprache, Religion (vorzugsweise christlich), durch eine eigene Leit-Kultur und spezielle Werte, vielleicht sogar durch das Aussehen von Zuwanderern unterscheiden, und zwar positiv, in einem höherwertigen Sinn. In der Schweiz kennt man übrigens die naheliegende Bezeichnung „Eidgenossen“, im Unterschied zu Newcomern mit „bloß“ einem Schweizer Pass. Die allgemein anerkannten Kategorien des heutigen Rassismus sind etwa der „Migrationshintergrund“ – nach wie vielen Generationen wird man den eigentlich los? –, und die „Parallelgesellschaft“ andersartiger Menschen, die „wir“ vom Staatsvolk bekanntlich nicht haben wollen. Die heutige „aufgeklärte“ „multikulturelle“ Gegenposition, die sich für „Toleranz“ stark macht und die vermutlich auch der König der Holländer im Schlaf beherrscht, die reproduziert auf ihre Weise die Differenz von höher- bzw. minderwertig: „Toleranz“ steht bekanntlich für das hinnehmende Dulden eigentlich abgelehnter Überzeugungen und Sitten. Der Staat, die Gesellschaft, „wir alle“ – mögen etwas hinnehmen, obwohl wir es im Grunde genommen nicht leiden können. Das mit „Toleranz“ konnotierte „obwohl“ und „trotzdem“ – das dennoch akzeptieren! – ist also schon die Abwertung! Oder hat man je die Forderung vernommen, man möge doch gegenüber schönen, angenehmen, nützlichen, allseits geschätzten Phänomenen – tolerant sein? Sie dennoch hinnehmen? Eben.