Missstand – Bon Apathie
Studiogäste:
Patze (Bass und Gesang) und Mani (Schlagzeug)
Die Punks aus Graz sind in neuer Besetzung zurück und legen mit „Bon Apathie“ ein unfassbar starkes viertes Album vor: Politisch wie gewohnt und persönlich wie nie. Wohin man auch schaut, an Missständen mangelt es in dieser Welt nicht: Rassismus, Sexismus, Homophobie, Polizeigewalt, Antisemitismus und Transfeindlichkeit dominieren die Newsmeldungen und Kommentarspalten unserer Zeit. Genau aus diesem Grund beschließen die Brüder Mani und Patze bei ihrer Bandgründung 2008, das Kind einfach beim Namen zu nennen. Fortan überzeugen MISSSTAND mit kompromisslosen Texten, schnörkellosen Gitarrenriffs und energiegeladenen Kampfansagen. Ihre ersten beiden Alben bringen die Österreicher selbst heraus. Es folgen reihenweise Konzerte im deutschsprachigen Raum und Support-Shows für die TERRORGRUPPE, DRITTE WAHL und FEINE SAHNE FISCHFILET. 2017 erscheint ihr drittes Album „I Can’t Relax In Hinterland“ bei dem Label Aggressive Punk Produktionen. „Das Deutschpunk-Album des Jahres kommt aus Österreich“, schreibt das Ox-Fanzine damals und hebt vor allem das Tempo der Songs und die klare politische Haltung der Musiker hervor. Unzählige Auftritte in verschiedenen europäischen Ländern, eine Israel-Tour und zwei neue Bandmitglieder später erscheint mit „Bon Apathie“ nun das vierte Studioalbum der Band. Eine Premiere in mehrfacher Hinsicht, da nicht nur die Auswirkungen der Pandemie den Entstehungsprozess der Platte beeinflusst haben. „Seit 2020 spielen wir in einer neuen Besetzung“, erklärt Patze. „Manny und Siegi haben viele neue Einflüsse mit in die Band gebracht, zudem haben Mani und ich die Texte erstmals gemeinsam geschrieben. Letztere sind aufgrund der aktuellen Gesamtsituation vielleicht ein bisschen zynischer ausgefallen als bisher, dennoch ging uns das Songwriting diesmal erstaunlich leicht von der Hand.“ Insgesamt haben es 13 Songs auf die Platte geschafft, die sich vor allem durch den treibenden Deutschpunk-Sound, kluge Lyrics und ihre ansteckende Wut auszeichnen. „2020 war ein beschissenes Jahr“, resümiert Manny. „Klar, dass sich das auch in unseren Texte widerspiegelt. Der Song ‚Von Schwalben und Geiern‘ handelt zum Beispiel davon, wie Medien über rechte Anschläge berichten und mit Whataboutism versuchen, Linkradikale mit Rechtsextremisten gleichzustellen.“ Siegi ergänzt: „Dasselbe gilt für den Song ‚Kommando 13. Dezember‘, in dem wir uns mit strukturellem Rassismus innerhalb des Polizeiapparates und den lächerlichen Versuchen beschäftigen, die Polizei online als umgängliche und coole Beamte darzustellen.“ Entgegen vieler anderer All-Male-Punkbands schrecken MISSSTAND auch nicht vor der Auseinandersetzung mit männlichen Privilegien zurück und holen auf dem Album mit Sarah von AKNE KID JOE und Ren Aldridge von den PETROL GIRLS gleich zwei starke Sängerinnen an Bord. „In Sachen Geschlechtergerechtigkeit läuft gesamtgesellschaftlich gesehen noch sehr viel falsch – auch innerhalb der Punkszene“, erklärt Mani. „Wenn ich mir so manche Kommentarspalte ansehe, bin ich erstaunt, wie konservativ die Szene ist. Vieles davon hängt mit unserer Sozialisation zusammen, weshalb es unabdingbar ist, das eigene Handeln zu hinterfragen. Als vier weiße Typen in einer Band sind wir uns unserer Position bewusst und auch wenn es nicht immer angenehm ist, wollen wir uns mit den damit verbundenen Privilegien auseinandersetzen.“ Ein Vorhaben, das der Band mit dem Song „No Country For Old White Men“ mehr als gelungen ist. In einem MISSSTAND-Song aus dem Jahr 2014 heißt es: „Wenn du sagst, du warst mal Punk, bist du niemals Punk gewesen.“ Ein Motto, dem die Band über die Jahre treu geblieben ist. „Punk ist für mich immer noch das Geilste“, betont Patze. „Ich mag die Menschen und Strukturen innerhalb der Szene sehr und ich freue mich schon jetzt darauf, dass wir eines Tages wieder losfahren und all die tollen Leute treffen können – mit unserem neuen Album im Gepäck!“ Das neue Studioalbum „Bon Apathie“ erscheint am 9. Juli 2021 auf Aggressive Punk Produktionen (Edel / Kontor New Media).
(Text: Diana Ringelsiep)
Musik:
Missstand – Haider Youth
Kotzreitz – Punkboys don’t cry
Die Dorks – Der Aufmarsch der lebenden Toten
DeeCracks – Standing on my head