Mambo Craze!
Afro-Cubano & Latin Jazz in Retrospektive
Elemente lateinamerikanischer Volksmusik tauchten erstmals in der populären US-Kunstmusik von Aaron Copland, Virgil Thompson und Paul Dunlap auf. Unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg war die afro-karibische und afro-kubanische Musik, oder Cubop und Mambo, ein wesentliches neues Element im Jazz, das zu internationalen Begeisterungsstürmen führte. Fast jeder amerikanische Jazzmusiker von Rang und Namen nahm in der einen oder anderen Weise daran teil. Dizzy Gillespie, Charlie Parker, Stan Kenton, Cal Tjader, Claire Fisher, Machito, Tito Puente, George Shearing, Art Blakey, Dave Brubeck, Herbie Mann, Stan Getz, Zoot Sims, u.a.m. spielten nicht nur unzählige Latin-Jazz, Rumba und Cha-Cha-Cha-Titel ein; es wurden auch einige sinfonische Suitenformen und sogar Opern entwickelt, wie die Afro-Cuban-Jazzsuite von Chico O‘Farrill oder die Bearbeitungen der prominenten Latin-Jazz Orchester mit Swing- und Riff-Elementen im Stil von Duke Ellington, Stan Kenton, Perez Prado und Xavier Cugat. Die sog. “Mambo Kings“ waren jedoch Machito, Noro Morales, Johnny Pacheco und Tito Rodriquez. Sie traten regelmäßig in der Tanzhalle “Palladium“ in Midtown Manhattan (Broadway/54th Street) oder in Spanish-Harlem auf, wovon sowohl das Buch von Oscar Hijuelos als auch der Spielfilm “The Mambo Kings“ handelt. Die Begeisterung für den Mambo erfasste zuerst die Vereinigten Staaten, später auch Europa und sogar Asien. Nach der Kommerzialisierung des Genres verloren die kreativen Jazzmusiker plötzlich ihr Interesse an Cubop, Rumba, Cha-Cha-Cha (aus dem kubanischen Charanga entwickelt). Auch der Boogaloo war reinste Tanzmusik und lag waschechten Jazzmusikern nie besonders, und obwohl einige US-Bands den einen oder anderen Versuch wagten, galten diese Modeströmungen bald als musikalische Verfallserscheinungen des Mambo und als Inbegriff der plattesten Form des Latin-Jazz. Das Original verdient dieses Urteil nicht. Nach frühen Kontakten zwischen farbigen Jazz- und Latino-Musikern stellte Orchesterchef Stan Kenton die ersten authentisch kubanischen Perkussionisten in seinem Orchester ein. 1952 stellte der britische Pianist George Shearing eine Gruppe zusammen, die die populärste Latin-Jazz-Gruppe der Musikgeschichte werden sollte. Im Laufe der 60er Jahre erlebte der Latin-Jazz eine Wiederbelebung durch die Salsa- und Bossa Nova-Bewegungen. Allen voran setzten Tito Puente, Mongo Santamaria, Cal Tjader, Claire Fisher, Sergio Mendes, A. C. Jobim, Bola Sete, Astrud Gilberto, Stan Getz, Charlie Byrd in den 60er Jahren und Chick Corea, Airto Moreira, Flora Plurim, Gato Barbieri und Jerry Gonzales in den 70er Jahren starke Impulse. Nach all den Jahren der Wandlungen und Mischformen des Latin-Jazz kommt es zu einer Zeit der Konsolidierung und Rückbesinnung auf die ursprünglichen Wurzeln im Cubop. Im Jazz selbst, wie im Salsa und allen populären Musikformen, der sog. “roots music“, zeigt sich die Tendenz, dem Fortschritt sozusagen “den Puls zu fühlen“ und das Neue an früheren Stilen zu messen.
– Cubop-Variation der Signation Lullaby of Birdland George Shearing Quintett 1960
– Manteca (Chano Pozo/Gil Fuller), Dizzy Gillespie Orchester 1947
– Caravan (Juan Tizol), Duke Ellington Orchester 1937
– Tin-Tin-Deo (Chano Pozo), Dizzy Gillespie Band Live in Paris 1948
– Perdido (Juan Tizol), Tito Rodriquez Orchester Live Birdland 1956
– Birdland [eig. Bohemia] After Dark (Oscar Pettiford), Tito Puente Goes Jazz 1956
– Cubano Chant (Ray Bryant), Ray Bryant Trio+One 1956
– Wuayacanjanga (Carlos Vidal/Shorty Rogers), Afro-Cuban Influence 1958
– Mambo Dineiro (Dave Pike), Dave Pike Group 1964
– Descarga Cubana (anon), Jam Session mit Isreal „Cachao“ Lopez 1974
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