Ludwig Wittgenstein, Teil 1
Gegen die Verhexung des Verstandes durch die Mittel der Sprache
So Urteile wie: „Ludwig Wittgenstein ist unbestritten einer der faszinierendsten Denker des 20. Jahrhunderts“ sind gang und gäbe.
Seine Beschäftigung mit Philosophie war jedoch die eines Außenstehenden: Er hielt philosophische Probleme für eine Art Geistesverwirrung, brachte es aber nicht zum Philosophiekritiker. Er hat einfach nicht verstehen wollen, worum es da geht, und es hat ihn auch nicht interessiert, warum sich Philosophen in nicht endenwollende Schwierigkeiten verstricken.
Sprache als „Abbildung“ von Gedanken – Hieroglyphen, Buchstabenschrift und Milchwirtschaftsfond: Die bildliche Darstellung ist angesichts abstrakter Begriffe unzureichend und schwerfällig.
Ist es überhaupt eine richtige Bestimmung der Sprache und Schrift, sie als Abbildung zu bezeichnen?
Der Versuch, dem Denken eine Grenze zu setzen, bleibt der Widerspruch per se von Wittgenstein, weil diese Grenze darf nicht gedacht sein, sonst wäre sie ja wertlos.
Das Ideal Wittgensteins und seiner Anhänger war, die Sprache zu einem Werkzeug zu gestalten, einem Kriterium der Wahrheit, die im Grunde Denken überflüssig macht. Sie soll für sich die Richtigkeit des Gedachten garantieren, ohne das Risiko des Irrtums.
Exkurs in das, was heute unter „formale Logik“ läuft: Da wird nämlich ein Verfahren gelehrt, das diesem Ideal anhängt.
Wittgenstein stört sich an den Zweideutigkeiten der Umgangssprache. Beispiele.
Das ist für ihn ein Beleg, daß die Sprache, zumindest die wissenschaftliche, reformiert gehört.
Also möchte er eine Normsprache schaffen, die das Denken unnötig macht und die Irrtümer ausschließt.
(An dieser Stelle dachte sein Anhänger Neurath weiter und schuf die Piktogramme.)
Der Widerspruch kommt auf eine neue Stufe, wenn Elementarsätze die Basis für andere Sätze schaffen sollen, obwohl in den Elementarsätzen schon alles gesagt sein soll – wofür braucht es dann weitere Sätze?
Die Annahme aller „Tatsachen“ als „a priori“ erklärt die Kausalität zu einem Abglauben und lehnt Folgerungen ab.
Wenn alle Sätze der Logik dasselbe sagen, warum braucht es dann mehr als einen Satz?
Exkurs zur formalen Logik und den Tautologien:
Der Unsinn sogenannter „analytischer“ Sätze ohne Erkenntnisgewinn: Sie sollen gerade für gesicherte Erkenntnis stehen.
Dabei sagen Tautologien nicht „nichts“ aus: Sie sagen über den Gegenstand aus, DASS ES IHN GIBT, sind also eine Art Existenz-Feststellungen.
Die Tautologie ist aber auch ein Widerspruch in sich.
Denn jedes Urteil besteht aus: Subjekt – ist – Prädikat. X = Y.
Bei Tautologien sind Subjekt und Prädikat, X und Y identisch – das Urteil führt sich sozusagen ad absurdum.
Die Begründung aus dem sich zu Begründenden ist ein Schein, eine Art logischer Trick.
Das ist ein elementares Element bürgerlicher Wissenschaft, die die Existenz einer Sache für ihre Rechtfertigung verwendet: X gibt es, also muß es gut sein!
Das leitet über zum Wiener Kreis, zu Anhängern Wittgensteins, die seine Gedanken weiterentwickeln wollten. Zu erwähnen sind Schlick, Neurath, Carnap, – in den Anfangszeiten sogar Popper.
Moritz Schlick
https://de.wikipedia.org/wiki/Moritz_Schlick
Rudolf Carnap
https://de.wikipedia.org/wiki/Rudolf_Carnap
Otto Neurath
https://de.wikipedia.org/wiki/Otto_Neurath
Karl Popper
https://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Popper
Fortsetzung: Ludwig Wittgenstein, Teil 2