Liebe FPÖ-Wählerin, lieber FPÖ-Wähler
Liebe FPÖ-Wählerin, lieber FPÖ-Wähler! Was bringt dir die Anti-Ausländer-Politik?
Du kannst sicher sein: Die Ausländer kommen auf jeden Fall! Warum? Die Wirtschaft braucht die Arbeitskräfte, der Finanzminister braucht die Steuerzahler, die Pensionskassen brauchen die Beitragszahler. Ohne Zuwanderung nämlich hätte Österreich in 60 Jahren nur mehr 6 Millionen Einwohner. Also: Die Ausländer kommen. Auch unter einer FPÖ-Regierung!Da kannst du dich drauf verlassen.
Die ganze Anti-Ausländer-Politik wird nicht dazu führen, dass weniger Ausländer in unser Land kommen. Sondern nur dazu, dass Ausländer weniger Rechte haben, schikaniert werden, Menschen zweiter Klasse sind.
Was hast du davon?
Wird es deswegen weniger ausländische Lohndrücker geben? Ganz im Gegenteil. Menschen zweiter Klasse können besser als Lohndrücker benutzt werden, weil sie weniger Rechte haben und sich deshalb schlechter wehren können.
Und wenn die Ausländer zu Menschen zweiter Klasse gemacht werden, werden unsere Straßen dann sicherer? Ganz im Gegenteil! Denn wo Menschen in Armut gehalten werden, ohne Chancen auf Bildung und Erfolg, dort entstehen Slums und Ghettos. Und Slums und Ghettos, das sind Brutstätten der Kriminalität.
Und wenn die Ausländer zu Menschen zweiter Klasse gemacht werden, wird es dir als Inländer dann besser gehen als jetzt? Verlass dich da nicht drauf! Wenn die Preise schneller steigen als dein Gehalt, wenn man von dir mehr Leistung in weniger Zeit verlangt, wenn dein Krankenkassenbeitrag wieder einmal erhöht wird, wenn deine Pension gekürzt wird, dann wirst du es schwerer haben, dich zu wehren, weil du deine ausländischen Kollginnen und Kollegen nicht als Verbündete hast. Man wird dir nur sagen: „Was willst du denn? Dir geht’s doch eh besser als denen!“
In Postämtern und Banken kann es jeder sehen: Überall werden Menschen durch Maschinen, durch Automaten und Roboter ersetzt, ohne dass die Arbeitszeit verkürzt wird. In den Fabriken, in den Lagerhallen, in den Versandabteilungen geschieht das auch, aber natürlich auch in den Büros. DAS ist schuld an der Arbeitslosigkeit. Wenn wir mit weniger Arbeit dasselbe oder sogar mehr schaffen, dann sollten sich in- und ausländische ArbeitnehmerInnen gemeinsam dafür einsetzen, die Arbeitszeit zu verkürzen.
Und schauen wir über die Grenzen:
In der ganzen Welt wehren sich Menschen dagegen, dass internationale Konzerne wie Monsanto systematisch mit Gentechnik und Pestiziden die Umwelt vergiften, dass Konzerne wie Nestlé das Wasser privatisieren, das doch allen gehören soll, dass Konzerne wie Unilever Regenwälder für Palmöl abholzen lassen, und so das Klima der Erde in Gefahr bringen. Dieser Kampf nützt uns genau so. Es ist auch unsere Umwelt, unser Klima. Sollen wir sie unterstützen oder sie alleine lassen?
Von der Türkei bis China, von Südafrika bis Brasilien kämpfen Menschen um Demokratie, um Gewerkschaftsrechte, um bessere Löhne, bessere Arbeits- und Lebensbedingungen. Je besser ihnen das gelingt, um so weniger Grund haben sie, in fremden Ländern ihr Glück zu suchen und dann dort die Arbeitslosenheere zu vergrößern. Und um so weniger Anreiz haben unsere Unternehmen, ihre Betriebe in Länder zu verlegen, wo die Arbeitskräfte billiger sind und sie weniger für Umweltschutz und Sozialabgaben ausgeben müssen. Alle paar Jahre droht der Generaldirektor der Voestalpine mit Abwanderung. In Wahrheit ist es so: Je besser es den Menschen auch in anderen Ländern geht, um so sicherer ist der Wirtschaftsstandort Österreich. Also sollten wir sie in ihren Kämpfen unterstützen, in unserem eigenen Interesse, anstatt uns Angst machen zu lassen vor ihnen.
Nicht die Flüchtlinge gefährden unsere Sicherheit. Die Kriegstreiber und Waffenhändler gefährden die Sicherheit des ganzen Planeten. Gegen die müssen wir uns wehren. Aber wer soll uns dabei unterstützen, mit wem wollen wir uns verbünden, wenn wir die im Stich lassen, die vor Mord und Terror fliehen müssen?
Wenn du nicht willst, dass Menschen fliehen müssen, dann solltest du dich für eine Welt ohne Krieg, Hunger und Armut einsetzen, für eine Welt, in der alle genug zu essen, ein Dach überm Kopf und ein Krankenhaus und eine Schule in der Nähe haben, eine Welt, in der alle Menschen offen ihre Meinung sagen und für ihre Rechte eintreten und in Sicherheit leben können. Und das können wir nur gemeinsam erreichen und nicht gegeneinander.
(Dieser Beitrag von Martin Auer wurde am 1. April 2016 als Video auf Facebook veröffentlicht. Dieses Video wurde in vier Wochen über eine Viertelmillion Mal angesehen. Vor dem 1. Wahlgang 60.000 Mal, in den ersten dreiTagen nach dem 24. April weitere 210.000 Mal: https://www.facebook.com/martin.auer.literatur/videos/1996700987222498/).
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