Leben im Plastikzeitalter

19.10.2010

Plastic fantastic. Wie praktisch und komfortabel! Mit diesen Eigenschaften hat Plastik die Welt erobert. Heute werfen wir den Fokos auf die dunklen Seiten des Plastik. Sind Natur, Tier und Mensch unwiederbringlich im Kunststoffzeitalter gefangen? Eine adäquate Technikfolgenabschätzung jedenfalls hinkt der Plastikproduktion hinterher.

Weichmacher und Plankton-Doppelgänger

Der erste Kunststoff, das Kasein, wurde bereits im 16. Jahrhundert aus Milcheiweiß hergestellt. Daraus wurden Gefäße und Schmuckstücke daraus gefertigt. Heutzutage werden Kunststoffe größtenteils synthetisch hergestellt. Die Ausgangsprodukte werden aus Erdöl, Kohle und Erdgas gewonnen. Da Plastik als das paradigmatischste Material der Moderne gilt, ist auch die weltweite Plastikproduktion enorm. Allein 600 Milliarden Plastikbeutel werden jährlich hergestellt und weggeworfen. Wieviel Plastik jährlich weltweit hergestellt wird, ist unbekannt, Schätzungen gehen von mehr als 200 Millionen Tonnen aus. Vielfach wird der wertlose Plastikmüll wild entsorgt und landet in den Meeren. Man findet Plastik aber überall in der Umwelt wieder und wird vom Körper durch Nahrungsmittel aufgenommen. Der plastic ocean report spricht von mehr als 6 Millionen Tonnen, die zu großen Teilen von den Flüssen in die Meere gelangen und dort in den Wirbeln Müllhalden bilden, aber auch den Grund der Meere unter sich begraben oder die Küsten verschmutzen. Greenpeace berichtet, dass seit 2006 nordwestlich der Hawaii-Inseln ein 370.000 Quadratkilometer großes Meeresgebiet von Plastik vermüllt ist; zufällig war dieses Meeresgebiet bislang ein unberührtes Korallenriff, ein einmaliges Ökosystem. Die Wegwerf-Kultur sucht sich seine Wege, seit Jahren sind die Auswirkungen nun in den Ozeanen sichtbar. Plastik überdauert im Durchschnitt 500 Jahre und zersetzt und zerschreddert sich duch Winde, Sonnenbestrahlung und Wasser. Mittlerweile sollen 6 Mal mehr Plastikteile als Plankton im Meer zu finden sein.

Doch wie so oft, stellt schon die Produktion von Plastik ein immenses Problem dar. In den 80er Jahren fanden es die ÖsterreicherInnen noch seltsam, Wasser aus Plastikflaschen zu trinken. Die Italiener taten es, die Franzosen taten es. Dann folgte der Trend aus den USA. Und heute hetzt jeder geschäftig mit seiner Wasser-Plastikflasche herum. Die Zahlen untermauern dieses Bild. In Plastikflaschen abgefülltes Wasser ist einer der am stärksten wachsende Zeig in der Lebensmittelindustrie. Zwar argumentiert die Instustrie, dass die sogenannten PET-Flaschen recycled werden können; dies geschieht aber nur zu 30%. Dazu kommt, dass die Plastikproduktion auf Erdöl beruht und CO2 ausstößt. Nun gibt es eine kleine Innovation aus Italien. Der Wasserabfüller Sant‘ Anna entwickelte eine Flasche, die aus pflanzlichem Kunststoff besteht. Vereinfacht entsteht ein solches Plastik aus der Fermentation aus Zucker und Stärke durch Milchsäurebakterien. Dieses Material kann kompostiert und als Dünger verwendet werden. Doch auch sie – geneigte Hörer und Hörerinnen – können BIO-Plastik herstellen, praktisch in ihrer Küche zuhause. Meine Kollegin Silke Müller hat zu Hause den Selbsttest und eine DIY-Anleitung für uns hörbar gemacht.

Das war einmal die Plastikepoche …

… werden Geologen in der Zukunft vielleicht einmal über uns sagen. Wenn dann die Erdschichten Aussagen über unser Zeitalter geben sollen, dann wird man Plastik in allen Variationen finden. Doch Plastik hat auch unser Verständnis vom Körper verändert. Die operative Formung von Organen oder Gewebeteilen, inklusive deren Wiederherstellung, also Rekonstruktion, wird als Plastik bezeichnet. Plastiken werden nicht ausschließlich im Rahmen des Fachgebietes „plastische Chirurgie“ angefertigt, sondern in allen operativen Fachgebieten. Der Begriff „plastisch“ stammt aus dem griechisch-lateinischen und bedeutet „formbar“. Durch die im wahrsten Sinne des Wortes oberflächliche Lage der Haut und die damit verbundene Sichtbarkeit von Deformierungen, sowie durch die leichte Erreichbarkeit durch chirurgische Eingriffe sind seit uralten Zeiten zahlreiche korrigierende Maßnahmen bekannt.

Viele der Operationen im Bereich plastische Chirurgie werden aus rein ästhetischen Gründen vorgenommen. Doch seit dem 2. Weltkrieg hat sich auch im Bereich Prothesentechnik viel getan. Holzbeine, mit denen man sich humpelnd vorwärts bewegt, gehören der Vergangenheit an. Moderne Kunststoffe, Kohlefasern und Titan-Legierungen haben die Prothesentechnik maßgeblich weiterentwickelt. Mit einer guten Prothese kann man sich so fortbewegen, daß ein ungeübter Beobachter nichts bemerkt. Die Forschung an intelligenten Prothesen ist schon heute faszinierend. Trendsetter ist trotz nützlicher Prothesenforschung die plastische Chriurgie. Mit den Möglichkeiten sein Körperbild analog zum Schönheitsideal zu verändern, hat sich das Selbstbild vieler Individuen verschoben. Man spricht in der Medizin und Psychologie vom Dorian Gray Syndrom. Was ist ein natürlicher Körper, was ein künstlicher Körper? Was sind Techniken der Körperstilisierung? Und sollte man Körperidealen folgen? Es gibt eine Verunsicherung, was gegenüber dem natürlichen Körper moralisch vertretbar ist. Man folgt heute Körperidealen mit Körpertechniken, die psychisch irreal sind. Erkranken nun Gesellschaften an dem, was man Dorian Gray Syndrom nennt? Das Dorian-Gray-Syndrom bezeichnet eine Zeiterscheinung, die durch die seelische Unfähigkeit zu altern und zu reifen, durch Ablehnung der eigenen Gestalt und durch exzessiven Gebrauch sogenannter Lifestyle-Angebote der Medizin gekennzeichnet ist. Der Film „Surrogates“ von Jonathan Mostow adaptiert diese Vision in die nahe Zukunft. Ein Beitrag zu einer modernen Version des Dorian Gray Syndroms – gestaltet von den Kollegen des Freien Radio in Erfurt.

Drogen, Comics und Wiener Blut – Ein Rückblick auf den Wien-Wahlkampf

Parteien verschickten seltsame Comics per Post, Spitzenkandidaten veröffentlichten Drogentests und grüne Bezirksorganisationen spalteten sich auf – es war wieder ein etwas skurriler Wahlkampf, wie er in Wien über die Bühne gegangen ist. Geendet hat er mit überaus deutlichen Zugewinnen von HC Straches FPÖ und Verlusten aller anderer Parteien – und das trotz (oder vielleicht gerade wegen) so mancher Kontroversen, welche die Blauen im Wahlkampf verursacht haben.
FROzine-Redakteur Dominik Meisinger hat am Wahlabend die triumphalen Siegesbekundungen der FPÖ am Wiener Rathausplatz miterlebt und dies zum Anlass genommen, um unter dem Eindruck des blauen Siegestaumels einen Blick zurück auf den Wien-Wahlkampf 2010 zu werfen. Warum ein Duell, das eigentlich nie existiert hat, den Wahlkampf beherrscht hat, wie es zu den Verlusten aller Parteien außer der FPÖ kam und warum Strache sich gleich doppelt auf Drogenkonsum testen ließ, wird in diesem Beitrag aufgeklärt.

Am Mikrofon: Pamela Neuwirth

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