Klimavolksbegehren und ExpertInnen fordern von der Politik „Fahrplan zur Klimaneutralität“
„Zwei Tage vor dem Umweltausschuss wendet sich das Klimavolksbegehren mit ExpertInnen aller Gesellschaftsbereiche an die Politik und fordert, dass die notwendigen Maßnahmen zur Klimaneutralität jetzt umgesetzt werden.
In einem breiten Schulterschluss richteten heute VertreterInnen der Medizinischen Universität Wien, der BOKU, der Diakonie, der VBV-Vorsorgekasse und der Landwirtschaft gemeinsam mit dem Klimavolksbegehren einen dringlichen Appell an die Politik. Die ExpertInnen zeigten im Rahmen einer Pressekonferenz auf, dass die Klimakrise vor niemandem Halt macht. Alle Bereiche der Gesellschaft sind davon betroffen. Doch Lösungen liegen parat. Das Klimavolksbegehren hat die vielfältigen Maßnahmen für einen Fahrplan zur Klimaneutralität 2040 in Forderungen gegossen. Verstärkt durch knapp 400.000 Unterschriften von BürgerInnen fordern die InitiatorInnen nun eine rasche Umsetzung. Die Abgeordneten im Umweltausschuss müssen jetzt über Parteigrenzen hinweg ein starkes Klimaschutzgesetz auf den Weg bringen, so der Appell.
“Die Klimakrise ist nicht in Quarantäne oder im Home Office! Angesichts der vergleichsweise deutlich weniger einschneidenden Maßnahmen, die für eine Abflachung der Temperatursteigerung notwendig sind, müssen wir Klimaschutz auch im Post-Corona-Zeitalter einfordern”, unterstrich Hans-Peter Hutter, Stv. Leiter der Abteilung für Umwelthygiene und Umweltmedizin an der Medizinischen Universität Wien bei der Pressekonferenz. Die Corona-Krise habe gezeigt, wie wichtig proaktives Krisenmanagement und eine gute Zusammenarbeit zwischen Politik und Wissenschaft ist. Es brauche daher eine faktenbasierte Klimapolitik, die vorausschauend die Emissionen reduziert.
“Die Klimakrise trifft nicht alle Menschen gleich. Einkommensschwächere Haushalte sind am stärksten betroffen, obwohl sie am wenigsten Emissionen verursachen. Klimaschutz muss alle mitnehmen – gerade jene, die ein geringes Einkommen haben. Klimaschutz wird nur dann erfolgreich sein und Akzeptanz finden, wenn er nicht sozial blind ist.” appellierte Martin Schenk, Mitbegründer der Armutskonferenz und Sozialexperte der Diakonie Österreich. Deshalb braucht die ökologische Steuerreform sozialen Ausgleich durch einen Ökobonus und eine möglichst große Beteiligung aller z.B. in Form von BürgerInnenräten.
Dass am Steuerhebel gedreht werden muss, steht auch für Andreas Zakostelsky, CEO der VBV-Vorsorgekasse AG außer Frage. “Die Bundesregierung ist gefordert, das gesamte Steuersystem rasch zu ökologisieren und klimaschädliche Subventionen abzubauen. Es braucht ein klimafreundliches Anreizsystem für alle Unternehmen, zum Beispiel ein Klimaschutzgesetz mit klaren Zielen und eine langfristige Strategie mit CO2-Bepreisung.” Wirtschaft und Klimaschutz müssten nun gemeinsam gedacht werden, denn dies vermeide nicht nur teure Anpassungs- und Zertifikatskosten, sondern sei eine Investition in einen zukunftsorientierten Wirtschaftsstandort und unsere Lebensgrundlagen.
Die Klimakrise ist für alle Bereiche der Wirtschaft, aber gerade für Land- und Forstwirte existenzbedrohend. “Die Landwirtschaft ist Opfer und Täter der Klimakrise: Gesteigerte Industrialisierung in der Landwirtschaft und verändertes Konsumverhalten führen zu noch nie dagewesener CO2-Belastung. Gleichzeitig haben durch Klimawandel hervorgerufene Naturkatastrophen der Landwirtschaft beispiellose Schäden zugefügt.”, betonte Erich Stekovics, Bio-Landwirt und Theologe. Die Coronakrise zeigt die Verwundbarkeit der Lebensmittelversorgung und die Bedeutung der heimischen Lebensmittel auf. Die Landwirtschaft muss jetzt ökologisiert werden, um noch schlimmere Auswirkungen durch die Klimakrise zu verhindern.
Seit Jahrzehnten warnt die Wissenschaft vor den Folgen der Klimakrise. Lösungen liegen auch mit dem Klimavolksbegehrens auf dem Tisch. Helga Kromp-Kolb, Professorin an der BOKU und Vorsitzende des Climate Change Centre Austria, führte aus: “Das Klimavolksbegehren enthält wesentliche Forderungen. Aus klimawissenschaftlicher Sicht ist die Einhaltung des CO2-Budgets zentral: Es muss ein verbindliches, wissenschaftlich fundiertes CO2-Budget im Klimaschutzgesetz festgeschrieben werden, dessen Einhaltung von einer unabhängigen Einrichtung überprüft wird.” Die gesetzliche Festlegung eines Reduktionspfades und entsprechender Maßnahmen, um diese Emissionsreduktionen zu erreichen, müssen nun Priorität haben.
Katharina Rogenhofer, Sprecherin des Klimavolksbegehrens, appellierte zum Schluss eindringlich an die Abgeordneten: “Ein Fahrplan zur Klimaneutralität mit klaren Meilensteinen, Maßnahmen für eine Energie- und Mobilitätswende und wichtige Bausteine für eine ökosoziale Steuerreform sind bereits ausgearbeitet. Es liegt jetzt an den Politikerinnen und Politikern, diese Lösungsvorschläge im Zuge eines Mehrparteienantrags zu unterstützen, damit Österreich ab 2021 nicht mehr zu den Klimaschutz-Schlusslichtern zählt.” Presseaussendung des Klimavolksbegehrens Wien, 11. Jänner 2021
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