Jazzy Flowers
Mehr noch, es ist hierzulande schon so trocken, dass ich demnächst meinen Lavendel vorm Haus gießen werde, damit er nicht vertrockne und mich sowie vielerlei anderes Getier im Sommer wieder mit Blütenpracht- und Duft erfreue!
Es ist schon eine seltsame Faszination, die von Blüten ausgeht. Diese Vielfalt und Pracht, dieses schier unendlich große Bündel an Lockungen in Farbe, Form, Geruch, Nährstoffen, diese Komplexität der verschiedenen Organe und Bestäubungsmechanismen, die teilweise für nur ein einziges Tier entwickelt und dadurch auf Gedeih und Verderben mit Fauna verpartnert sind, bis dass das Aussterben sie scheide, ist überwältigend. Ja, sie sind die zentralen Schnittstellen zwischen Flora und Fauna, abseits der alten fressen und gefressen werden-Geschichte. Hier geht’s auch um Lust und Erotik. Allein schon die Frage, warum eine Vielzahl der Blumen für uns angenehm riechen, obwohl diese Pflanzen ja nicht damit rechnen, wegen dieser Eigenschaft von uns bestäubt zu werden. Der Duft hält uns als potentielle Fressfeinde auch nicht davon ab, Blumen zu verspeisen. Und die eher wenigen (für unser Empfinden) stinkenden Ausnahmen machen das auch nicht gegen uns gerichtet, sondern weil sie eine ganz spezielle Klientel mit einem anderem Geruchsempfinden eigennütziger Weise anziehen wollen. Aber Menschen anzuziehen bringt doch, statistisch gesehen, großen Teilen der Natur mehr Ärger als Erbauung…
Blumige Fragen zu Hauf, manche sicher beantwortbar, andere wahrscheinlich aber nicht.
Und auch die Damen und Herren, die unsere Ohren mit einer akustischen Vielfalt bespielen, die der optischen und olfaktorischen Erscheinungsbreite von Blumen ähnlich kommt, reflektieren auf diese Reize mit einer Vielzahl an Kompositionen zum blumigen Thema, so dass mich im heutigem Glasperlenjazz die verbliebenen 54 Minuten Sendezeit ganz schön stressen, weil ich nicht sicher bin, was von dieser Vielfalt ich in des Strauß flechten soll und was weglassen…..
Das fertige Ergebnis, dessen akustische Betrachtung am Donnerstag nur Zeit und kein Geld kostet und durch unsere Datenbank am CBA (cultural broadcasting archive ) konserviert ist und somit praktisch ewig hält, setzt sich also wie folgt zusammen:
Wayne Shorter liefert Wildblumen, Carlos Santana Steinblumen, Don Pullen und George Adams karren einfach noch „mehr“ Blumen herbei. Soziologisch grübelt John Scofield über die Macht der Blumen und Albert Ayler über die Stellenwert der Blumen in der Liebe. David Murray ist darob so angetan, dass er Albert mit Blumen beschenkt. Elvin Jones und McCoy Tyner steuern orientalische Blumen bei, YoYo Ma und das Silkroad-Ensemble bringen kleine blaue Blumen aus dem fernen Osten, Barbara Thomson baut die schönsten Blüten gleich auf ganzen Feldern an und auch Myra Melford badet in Mengen an gelben Blumen. So schaut mein Strauß dann also am Donnerstag aus. Die hörbare Luxusversion wartet also schon auf Euren Besuch.
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