Interview mit Karin Klaric vom Freunde-schützen-Haus über die vorerst verhinderte Abschiebung der Familie P. am 30. November 2010.
Interview mit Karin Klaric vom Freunde-schützen-Haus über die vorerst verhinderte Abschiebung der Familie P. am 30. November 2010.
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Vorerst nicht abgeschoben werden die vor fünf Jahren aus Tschetschenien nach Österreich gekommene Frau P. und ihre 13 und 22 Jahre alten Söhne. Dienstag um 18 Uhr hätten sie von der Polizei aus dem Freunde-Schützen-Haus abgeholt werden sollen, war von der Leiterin der Fremdenpolizei Andrea J. angekündigt worden.
Alle von Karin Klaric und dem Verein Purple Sheep in den letzten Tagen angestellten Versuche, die Abschiebung zu verhindern, misslangen. Die Behörden begründeten die Abschiebung damit, dass sie einerseits eh nur nach Polen erfolgen sollte, und außerdem die damals mittellose Frau P. vor zweieinhalb Jahren beim Ladendiebstahl erwischt worden sei.
Das unerwartete und dennoch in letzter Minute vorläufig gelungene Abwenden der Abschiebung kam aber nur unter Schmerzen zustande. Während im Freunde-schützen-Haus noch auf die Polizei gewartet wurde, erlitt die schwer psychisch erkrankte Frau P. einen Nervenzusammenbruch. Ein herbeigerufener Notarzt ordnete die sofortige Einweisung in ein Krankenhaus an, und verlangte, dass der ältere Sohn als Vertrauensperson ins Spital mitkomme. Dass der Anfall nicht simuliert worden sei, könne durch Videoaufnahmen bewiesen werden, denn, so unangenehm dies auch war, es sei alles gefilmt, Mikros und Kameras draufgehalten worden, damit die üblichen Vorwürfe entgegnet werden können, so Karin Klaric von Purple Sheep.
Als gegen 19 Uhr die Leiterin der Fremdenpolizei, Andrea J., ins Haus kam, versprach sie, dass die Frau und ihre beiden Söhne vorerst doch nicht abgeschoben werden. Der volljährige Sohn hätte an und für sich auch schon alleine abgeschoben werden können, ist aber für die Pflege seiner Mutter unentbehrlich und muss sich auch, wie schon in den letzten Jahren, um seinen kleinen Bruder kümmern, weil die Mutter dazu nicht in der Lage ist.
Die Leiterin der Fremdenpolizei habe hier, anders als es ihr Vorgänger in vergleichbaren Fällen getan hat, menschlich entschieden, meint Klaric. Allerdings zeige sich der gute Wille vonseiten der Behörde auch nur dann, wenn entsprechend laut und entsprechend öffentlich aufgezeigt wird, was passiert, kritisiert Klaric abschließend.
Entsprechend lautes und entsprechend öffentliches Aufzeigen
Seit Montagabend kursierten Alarmmeldungen über die drohende Abschiebung durch Internet und Freie Radios. Mehrere solidarische Menschen verbrachten bereits die Nacht auf Dienstag im Freunde-schützen-Haus, um die Familie zu unterstützen. Dienstagnachmittag kamen dann nach und nach bis zu zweihundert Leute ins und vor das Haus.
Da im und vor dem Haus eine Auseinandersetzung mit der Polizei auf Wunsch von Purple Sheep unbedingt vermieden werden sollte, war eine antirassistische Solidaritätsdemonstration nur bei einer zehn Minuten entfernten U-Bahn-Station angekündigt worden. Nach und nach kamen dann aber doch alle Demonstran_innen zum Freunde-schützen-Haus. In der Nähe der U-Bahn-Station Meidling Hauptstraße wurde von 40 Demonstrant_innen für rund zehn Minuten die Schönbrunner Straße blockiert, bis die Polizei kam. Zwei Personen wurden Identitätsfeststellungen unterzogen.
Nachdem der Krankenwagen mit Frau P. und ihrem älteren Sohn vom Freunde-schützen-Haus weggefahren und klar geworden war, dass nicht wie geplant abgeschoben werden konnte, zogen rund 100 Personen vom Haus weg in Richtung Schönbrunner Straße und demonstrierten dort in Richtung Gürtel, und diesen entlang schließlich fast bis zum Westbahnhof. Gegen alle Abschiebungen, gegen die gesamte rassistische Politik der Regierung Faymann.
Erst bei der Gumpendorfer Straße gesellte sich Polizei zu der, einen riesigen Stau hinter sich her ziehenden, Demonstration. Als kurz vor dem Europaplatz beim Westbahnhof ein Polizeiauto den Lautsprecher einschaltete, wohl um aufzufordern, die Demonstration aufzulösen, rannten die Demonstrant_innen los in Richtung Mariahilfer Straße. Die Polizeifahrzeuge fuhren hinterher. Als die Demonstrant_innen dann auf den Gehsteig rannten, plötzlich die Richtung änderten und wieder zurückliefen, konnten die Polizeiautos nicht schnell genug wenden. Den Demonstrant_innen gelang es, in der Menschenmenge der Mariahilfer Straße unterzutauchen. Die Veranstaltung fand ohne störende Polizeikontakte ein friedliches Ende.
Beteiligte:
Gerhard Kettler (Gestalter/in)
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