In der Adria unterwegs mit Erich und seinem selbstgebauten Trimaran, RR 52
„Wenn Du ein Schiff bauen willst,
dann trommle nicht Männer zusammen,
um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben
und die Arbeit einzuteilen,
sondern lehre die Männer die Sehnsucht
nach dem weiten, endlosen Meer.“
Antoine de Saint-Exupéry
Es gibt Menschen, die brauchen keinen Menschen, der sie die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer lehren müsste. Die Sehnsucht nach dem großen weiten Meer – wohnt sie uns nicht allen inne, von klein auf an? Zuerst, weil noch unfähig, unsere eigenen Beine zu nutzen, sind wir den Ortsveränderungen ausgesetzt, die uns die Erwachsenen zuteilwerden lassen. Wohin sie uns gerade setzen, buchstäblich. Natürlich ist das gut und richtig – für unser blankes, leibliches Überleben. Können wir erst mal laufen und greifen, sind wir neugierig geworden auf die Welt, dann werden uns die Geschirrschränke, die Türen und Fenster zur Außenwelt versperrt – auch dies sehr zu unserem Wohle unserer leiblichen Unversehrtheit. Es gibt Menschen, die lernen, sich damit abzufinden, dass ihre Welt Grenzen hat, dass zu viel Neugierde zu Unfrieden mit der Welt der Erwachsenen führt. Sie passen sich der Fremdbestimmung an. Und das ist gut für’s physische Überleben eines kleinen Menschen.
Was aber tut es mit unserer Seele, mit unserer, sagen wir mal „Primärpersönlichkeit“, mit dem Auftrag, den wir vielleicht in uns tragen? Fatal wird es dann, wenn der groß gewordenen Mensch nicht mitbekommt, dass er durchaus im Stande ist und dass es nun Zeit ist, die Verantwortung für sich selbst zu ergreifen und zu übernehmen. Dass es angemessen ist, sich der eigenen Neugierde – sie ist wohl eine primäre Eigenheit des lebendigen Menschen – zu öffnen, ihr Zeit und Raum zu geben.
Es macht mich froh, zu sehen, wie jemand (es könnte auch ich selbst sein) die Sehnsucht nach Weite ernst zu nimmt, sie wachsen lässt und merkt wie gut das tut. Und eines Tages mag so ein Mensch beschließen, Werkzeug und Material zu kaufen. Es wird wie ein Traum erlebt, der in Erfüllung geht.
Nicht selten wird die Sehnsucht nach Weite, nach Erkenntnis und Gottesnähe, ja Gottesnähe, als Schiff geträumt. Ein riesiges Projekt zumeist, sofern das Schiff nicht allzu klein werden soll.
Es gibt Schiffsbau-Experten, die geben einige Standardpläne heraus. Wer nach einem solcher Pläne baut, bekommt zum Einen die Gewähr mitgeliefert, dass das Schiff behördlich zugelassen wird. Zum anderen kann er auf Erfahrungen bauen, die andere bereits gemacht haben.
So mancher findet solchen Gefallen am Bau seines eigenen Schiffes, dass er jahrelang, ja jahrzehntelang daran baut und dann – gar nicht selten – gar nicht mehr zum Fahren kommt. So manchem wird die eigene Lebenszeit zu kurz. Er ist zu alt geworden, um nun auch noch am Meer zu segeln. Ich gendere hier bewusst nicht, denn ich habe noch nie von einer Frau gehört, dass sie ein Leben lang an einem Schiff zimmert. Ich weiß nicht, warum das so ist. Für Frauen gibt es vielleicht andere Wege, sich Mädchenträume zu erfüllen. Fakt ist: Wir Männer denken nicht immer nur an das Eine. Wir bauen auch Schiffe und fahren aufs offene weite Meer damit!
Es soll Männer gegeben haben, denen im Laufe der Jahre die Lust vergangen ist, die liebgewordene Baustelle nun auch noch zu Wasser zu lassen. Den ganzen Urlaub immer allein sein dürfen, losgelöst von der Qual, zu der das Familienleben im Laufe der Jahre vielleicht geworden war.
Heute werden wir einen Mann zu hören bekommen, der sein Schiff nach der eigenen Vorstellungen gebaut hat und überdies noch jung genug ist, um damit auch noch am Meer zu segeln.
Auf Binnenseen hatte der Erich schon viele Segeltage hinter sich. Mit ihm die Jungfernfahrt auf hoher See zu machen, hatte ich die große Ehre, feinen Spaß und richtige Freude.