Hallstatt – Steintisch beim Rudolfsturm

17.05.2024

Auf der Terrasse des Rudolfsturm am Eingang zum Hallstätter Salzberghochtal steht ein kreisrunder Steintisch, in dessen stark verwitterte Plattenoberfläche Kreise mit zwei unterschiedlichen Kreisteilungen eingearbeitet sind.

Sockel und Platte des Tisches sind aus fossilreichem Hallstätter Kalk gefertigt. Ursprünglich war diese Steinplatte, mit einem Durchmesser von 91 cm auf einem steinernen Sockel drehbar gelagert. Der äußere Kreisring trägt eine 360 Grad-Teilung in Halbgrad-Schritten, wobei die vier Quadranten jeweils von null bis neunzig Grad in zehn Gradschritten beziffert sind. Die Nord- Südrichtung ist dabei jeweils mit null Grad, die West- Ostrichtung mit jeweils 90 Grad angegeben. Es erhalten daher die Quadranten N-O und S-W eine rechtsläufige, die Quadranten N-W und S-O eine linksläufige Bezifferung. Der innere Kreisring zeigt eine bei nautischen Kompassen übliche 32-fache Unterteilung. Als Besonderheit ist die unübliche Benennung der kleinsten Teilstriche anzumerken.

Da beide Kreisteilungen bei den im Salzbergbau Hallstatt verwendeten Kompassen nicht zu finden sind, so kann über den Gebrauch dieser Gradscheibe mit Windrose nur gemutmaßt werden. Der Aufstellungsort beim Rudolfsturm, dem ehemaligen Sitz des Bergmeisters, welcher neben der Leitung des Bergbaues auch die Vermessungen durchführte, spricht für eine bergmännische Verwendung.

Der Durchmesser der Steinplatte, deren Dicke und vor allem der Radius des kleinsten Kreises von 29,8 cm von exakt einem Werkschuh (Bergstabl-Schuh), lassen vermuten, dass bei der Planung oder Anfertigung noch das Hallstätter Bergstabl als Maßeinheit in Gebrauch war. Da dieses amtlicherseits im Jahre 1838 vom Wiener Klafter abgelöst wurde, so kann man annehmen, dass die Herstellung jedenfalls vor diesem Zeitpunkt erfolgte.

Den Mittelpunkt der Steinscheibe markiert eine mit einem hellen Material verschlossene Bohrung von knapp 2 Zentimeter Durchmesser. Im Abstand von jeweils 20,7 cm vom Zentrum befinden sich zwei kleinere, ebenfalls verschlossene Bohrungen. Legt man jeweils ausgehend von den beiden Löchern eine Gerade über den Mittelpunkt der Steinscheibe, so ergeben sich abweichend von „N“ die Richtungen 5° West und 30° Ost. Es könnte sein, dass hier einmal ein Schattengeber (Gnomon) oder eine Visiereinrichtung zur Bestimmung des geografischen Ortsmeridians montiert war. Durch Anlegen eines Kompasses könnte dann der Wert der aktuellen magnetischen Deklination abgelesen werden, welche zur orientierten Herstellung des Kartenwerkes erforderlich ist.

 

Für die Abbildungen und die fachliche Beratung zu dieser Episode bedanke ich mich bei Herrn Johann Unterberger, Hallstatt, Markscheider i. R.

 

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Thema:Geschichte Radiomacher_in:Friedrich Idam
Sprache: Deutsch
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