GEORGE MICHAEL „LISTEN WITHOUT PREJUDICE“

29.01.2018

Tribute an einen großen Sänger: George Michael

Wer die 1980er Jahre erlebte, kam an George Michael als allgegenwärtigem Megastar nicht vorbei. Kommerziell in einer Liga, die nur Stars wie Michael Jackson, Prince oder Madonna erreichten, war er in den trostlosen Thatcher Jahren zunächst als Anführer von Wham! ein UK Teenie Idol. Er lieferte in Top of the Pops als Kontrast zum grauen englischen Alltag, der von viel Arbeitslosigkeit, IRA Terror und Trostlosigkeit der Jugend geprägt war, bunte Wohlfühlditties, die er souverän aus dem Ärmel schüttelte (und selbst zum Teil als lachhaften „pure cheese“ – also „reinen Schmalz“ – bezeichnete).

Nach Auflösung von Wham im ausverkauften alten Wembley Stadium folgte 1987 zielstrebig der fulminante Auftakt seiner Solo-Karriere: Seine Debüt-Solo LP „Faith“ wurde weltweit zum Mega-Seller, George Michael zur lässigen Machismo-styled Ikone mit Lederjacke, Ray-Ban-Sonnenbrille und blond gemeschten Haaren stilisiert. Dies getragen von Videodauerrotation auf MTV, mit Kalkül auch ein wenig anrüchig: Airplay für den Song „I want your sex“ wurde von der BBC verweigert. Eine Hitgarantie und ein Bilderbuchskript mit Grammys und endloser Media-Coverage. George Michael Alleskönner: Komponist und Texter, Produzent, Performer, gewinnendes Gesicht und weltweit Projektionsfläche. Superstar.

Und doch kommt der Einbruch dieses begnadeten, in seiner Stimme so unglaublich aufrichtigen und sensiblen Sängers, der mit seinem Image und dem Druck nicht mehr zurecht kam und am liebsten unsichtbar werden wollte. (Das erinnert an die Geschichte des damals ebenfalls sehr erfolgreichen Terence Trent D’Arby.) Eine große Rolle spielte, dass schwarze Musiker öffentlich Stellung dagegen bezogen hatten, dass George Michael als weißer Sänger 1988 bei den American Music Awards die Preise für „Best Soul & R’n’B‘“ abgeräumt hatte. George Michael fühlte sich von den Kollegen diskriminiert, obwohl es doch nur um die Musik gehen sollte.

Er tauchte ab und kehrte 1990 inspiriert mit seiner zweiten, auch politisch sehr engagierten Solo LP „Listen without prejudice: Vol. 1“ zurück. Man muss nur die ersten Zeilen der Eröffnungsnummer „Praying for time“ hören, um zu erkennen, dass hier ein vom Leben gegerbter und reif gewordener Mensch mutig auf unverkennbare Weise die Arroganz des Reichtums anprangert. Er wollte nur an seiner Musik gemessen werden, nicht an seinem Image. Seinem Label gab er deshalb die Vorgabe: Kein Foto von ihm am Cover der LP, keine Nennung seines Namens, keine Auftritte in Videos, nur die Musik sollte für sich sprechen. Als Sony USA daraufhin die Promo verweigerte, war die Saat für einen jahrelangen Prozess und den Bruch der Zusammenarbeit gelegt. Es folgten jahrelange Prozesse und schwierige Zeiten, begleitet vom Tod seiner Liebsten.

Veröffentlichungen wurden rar. George Michael scheinen die Brüche und Mißverständnisse, die in seiner Karriere in den späten 1980ern und frühen 1990ern stattfanden, bis zu seinem Lebensende mit 53 Jahren am 25. 12. 2016 intensiv beschäftigt zu haben. Wichtiger als neue Platten zu machen war ihm offenbar, für die Nachwelt seine Sicht der Dinge festzuhalten: Seine letzten beiden Lebensjahre verbrachte er deshalb nicht nur mit dem Remastern von „Listen without prejudice“, sondern auch der Produktion einer Filmdokumentation über seine Karriere in den frühen 1990ern („Freedom“:

http://www.imdb.com/title/tt7521040/ – sehr zu empfehlen!). Es wirkt fast so, als hätte er gespürt, dafür nicht mehr allzu lange Zeit zu haben.

George Michael ist viel zu früh von uns gegangen. Seinen Songs, seiner Stimme und seinem perfekten Timing widmen wir die kommende Sendung mit Tracks, die eher selten gespielt werden.

 

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