FREIfenster – Erinnerungen an den Krieg im Hidden Museum
„Erzählen Sie mir die Kriegserlebnisse Ihres Vaters oder Großvaters!“
Ein Interview mit Bernhard Kathan vor dem Hidden Museum in Fraxern 2016.
Jetzt liegt der Zweite Weltkrieg siebzig Jahre hinter uns. Da muss sich doch jede Erinnerung verflüchtigt haben. Bleiben da nicht nur Informationen und Bilder, die wir aus Medien kennen?
Bernhard Kathan:
„Wirklich erinnern können sich nur jene, die den Krieg erlebt haben. Aber es gibt noch eine andere Form des Erinnerns. Ich denke an die Weitergabe von Erfahrungen an die Kinder und Kindeskinder. Und das geschieht weniger über das Erzählte, als durch bestimmte Haltungen, Stereotypen oder durch das Schweigen. Meine Generation ist noch mit Kriegsgeschichten aufgewachsen. Die meisten meiner Lehrer waren im Krieg, einige davon auch in Stalingrad. Die Kriegsgeschichten, die Erwachsene in unserer Kindheit erzählt haben, hatten eher mit Verdrängung zu tun. Die meisten dieser Geschichten waren anekdotisch. Die Begeisterung für Hitler wurde ausgeblendet. Die Form der Erinnerung, an die ich denke, geschieht weitgehend unbewusst, gewissermaßen zwischen den Zeilen, zwischen den Worten. Die Gewalttätigkeit von Lehrern sahen wir als Folge unseres flegelhaften Verhaltens. Das hatte man uns so eingetrichtert. Heute weiß ich, dass diese Lehrer wie viele Erwachsene meiner Kindheit maßlose Gewalterfahrungen erlebt haben. Und da sie keine Sprache hatten, arbeiteten sie diese an uns Kindern ab. Die brüchtigste Strafe in der Schule, die ich besuchte, nannte sich Trommelfeuer.
Aber das liegt doch lange zurück.
Und trotzdem ist die NS-Zeit wie der Zweite Weltkrieg gegenwärtig. In der Auseinandersetzung mit Kriegserfahrungen fällt mir immer wieder auf, dass vieles nicht angetastet werden darf. Der Vater sei Nazigegner gewesen, er habe im Krieg nur Panzer repariert oder in Finnland nur Bilder gemalt. Wenn jemand nicht müde wird, die Kriegsverbrechen der Alliierten anzuklagen, dann macht es deutlich, wie sehr die Vergangenheit in die Gegenwart reicht. Kinder, die aus Opferfamilien stammen, haben die Vergangenheit deutlich eingeschrieben. Das gilt, wenn auch auf andere Weise, auch für Kinder, deren Eltern oder Großeltern Mitläufer waren oder zu den Tätern zählten…“
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