Deutschnationale Heldenehrung am 8. Mai 2011 erstmals ernsthaft gestört – Tausende bei Befreiungsfeier und antifaschistischer Kundgebung am Heldenplatz.
Orange 94,0 berichtete am 8. Mai in mehreren Liveeinstiegen von der antifaschistischen Demonstration und der lautstarken Störung des deutschnationalen Totengedenkens am Wiener Heldenplatz am 8. Mai 2011. Hier ein Zusammenschnitt dieser Berichte aus den Tumulten beim Burgtor. Weitere Beiträge – vom Bühnenprogramm der antifaschistischen Kundgebung und von der Veranstaltung der Rechtsextremen – sind bereits auf CBA veröffentlicht oder kommen in den nächsten Stunden nach.
Danke ans Anarchistische Radio für das Durchschalten der Demoberichte!
Worum gehts?
Hier ein Bericht von nochrichten.net:
Bis zu 1700 Personen Personen demonstrierten am Abend des 8. Mai von der Uni auf den Heldenplatz, um die Befreiung vom Nationalsozialismus zu feiern und gegen die Ehrung von Nazihelden durch Rechtsextreme aus WKR und FPÖ zu demonstrieren. Weitere Menschen – nach verschiedenen Angaben auch bis zu 1000 – waren bereits direkt zur Befreiungsfeier und antifaschistischen Kundgebung auf den Heldenplatz gekommen.
Während in den vergangenen Jahren die Polizei stets ausschließlich den ungestörten Ablauf des Nazigedenkens sicherzustellen trachtete, und dazu über Heldenplatz und Umgebung ein ausgedehntes Platzverbot verhängte, wurde diesmal auch eine antifaschistische Kundgebung erlaubt, die von einer Plattform von kleinen antifaschistischen Gruppen bis hin zu Hochschüler_innenschaft, Grünen, Sozialistischer Jugend und Israelitischer Kultusgemeinde organisiert worden war. Ebenso genehmigt wurde eine Demonstration von der Uni Wien über den Ring und durch das Burgtor zur antifaschistischen Bühne, die in der Nähe des Durchgangs Richtung innerer Burg und Michaelerplatz aufgebaut war.
Den Vorstellungen der Polizei nach sollten die Teilnehmer_innen der antifaschistischen Demonstration nach dem Durchschreiten des Burgtors zu ihrer Bühne weitergehen, dann sollte das Burgtor von der Polizei dicht gemacht werden, und dann hätten die Rechtsextremen in Ruhe ihre Angelegenheiten erledigen sollen.
Allerdings blieben hunderte Antifaschist_innen gleich nach dem Burgtor stehen, und waren somit nur eine Fahrbahnbreite und ein paar Reihen Tretgitter vom jenem Platz entfernt, an dem die Rechten ihren Helden gedenken wollten.
Dieses Totengedenken musste somit mit lauter Untermalung durch antinazistische Sprechchöre, Partisan_innenlieder, Pfeifkonzerte und ein paar Böller vonstatten gehen.
Kaum hatten die Burschenschaften unter lauten Missfallensbekundungen von der anderen Straßenseiten vor der Krypta beim Burgtor Aufstellung genommen, stürmten Polizist_innen in die Antifaschistische Kundgebungen, und stießen Demonstrant_innen unter Zuhilfenahme von Fäusten, Ellbogen und Knien zumindest scheinbar konzeptlos hin und her. Kurz sah es aus, als ob nun alle niedergeprügelt werden sollten. Dazu kam es aber nicht. Die Polizist_innen nahmen entlang der Tretgitter Aufstellung und verhielten sich in der Folge ruhig.
Die Demonstrant_innen bildeten Ketten und verhielten sich laut. Sehr laut.
Als die Rechten fertig gedacht hatten und bereits wieder abgezogen, sagte die Polizei über einen Lautsprecherwagen irgendwas unverständlich durch, woraufhin die Polizist_innen bei den Tretgittern wieder Anstalten machten, auf die Demonstrant_innen loszugehen. Die Demonstrant_innen wichen nun aber ihrerseits, nachdem sie die rechtsextreme Kundgebung ohnedies bereits erfolgreich gestört hatten, zurück und begaben sich nun – endlich – zur Kundgebung bei der kleinen Bühne, die allerdings gerade zu Ende ging. Es war nur mehr zu hören, wie sich auf der Bühne bei der Polizei für den Schutz der Veranstaltung bedankt wurde. Die vom Burgtor kommenden Demonstrant_innen konnten sich dem allerdings nicht so wirklich anschließen.
Nach der Demonstration kam es für kurze Zeit vor der Universität Wien zu Problemen mit der Polizei. Es war davon die Rede, dass Demonstrant_innen eingekesselt werden sollten, wozu es aber letztlich nicht kam.
Vor dem von Burschenschaftern frequentierten Lokal „Kupferdachl“ in der Schottengasse bildete sich noch eine Menschentraube, als bekannt wurde, dass sich dorthin zahlreiche Teilnehmer_innen des rechtsextremen Totengedenkens zurückgezogen haben. Als die Polizei aufrief, die Fahrbahn zu verlassen und auf den Gehsteig zu gehen, kamen dem die Demonstrant_innen aber nach. Als die Polizei die Demonstrant_innen daraufhin in Richtung Schottentor drängte, gingen die Demonstrant_innen Richtung Schottentor. Als die Polizei auf die Richtung Schottentor gedrängten Demonstrant_innen von der anderen Seite mit Greiftrupps und Polizeihunden losstürmte, gab es allerdings keine Möglichkeit mehr, sich genehm zu verhalten, Anordnungen Folge zu leisten oder zumindest zu fliehen. Mehrere Demonstrant_innen wurden zu Boden gerissen, getreten, weggezerrt und zum Teil festgenommen. Einige kamen mit einer Identitätsfeststellung davon, andere wurden vermutlich ins Polizeianhaltezentrum Rossauer Lände gebracht.
Die Rechtshilfe konnte Sonntagabend drei Festnahmen bestätigen. Zumindest diese drei Personen wurden noch in der Nacht auf Montag freigelassen.
Aktuelle Informationen gibt es auf https://at.indymedia.org.
Die Grünen feierten auch bereits Sonntag um 11 Uhr am Heldenplatz die Befreiung vom Nationalsozialismus vor 66 Jahren, nicht ohne auch auf die Kundgebung am Abend hinzuweisen. Ebenso gefeiert wurde wie mittlerweile jedes Jahr auch wieder beim „Denkmal für die Soldat_innen der Sowjetarmee, die für die Befreiung Österreichs vom Faschismus gefallen sind“, am Schwarzenbergplatz. Dazu aufgerufen hatte die Basisgruppe Politikwissenschaft. Rund 150 Personen beteiligten sich daran.
Abschließend noch einen Dank an jene, die bei der Auftaktkundgebung vor der Universität Wien das Konzept vorstellten, Bezugsgruppen zu bilden und gegenseitig aufeinander aufzupassen, und die auch jene nicht vergaßen, die allein oder nur zu weit gekommen waren, und auch ihnen Möglichkeit zeigten, sich noch zu Bezugsgruppen zusammenzufinden.
Lange Zeit funktionierte es auch, zum gegenseitigen Schutz in Ketten zu gehen, bis irgendwer zu „Stop and Go“ (also Stehenbleiben, Runter-Zählen von 10 bis 0, Losrennen, …) aufrief, was die Demo zerriss, zu einem Auflösen mehrerer Ketten führte, und langsamere Demonstrant_innen veranlasste, auf den Gehsteig auszuweichen. Erst nach dem Burgtor funktionierte das Kettenbilden wieder.
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