Boualem Sansals „Der Zug nach Erlingen oder die Verwandlung Gottes“ – VOR ORT 143
Boualem Sansal, geboren 1949, ist frankophoner algerischer Schriftsteller. Er begann im Alter von 50 Jahren die literarische Karriere des gelernten Ingenieurs und Ökonoms. Sansals erster Roman „Der Schwur des Barbaren“ wurde von der Kritik gefeiert und mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Als Direktor im algerischen Industrieministeriums wurde er jedoch entlassen. 2011 wurde er mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet.
Sansal ist in einer islamischen Gesellschaft aufgewachsen, bezeichnet sich selbst als säkular – was man als „weltlich, irdisch oder diesseitig“ auslegen kann. Den Islamismus hat er immer wieder scharf kritisiert. Generell betrachtet er jede Form von Religion, besonders den Islam, kritisch: „Die Religion erscheint mir sehr gefährlich wegen ihrer brutalen, totalitären Seite. Der Islam ist ein furchteinflößendes Gesetz geworden, das nichts als Verbote ausspricht, den Zweifel verbannt und dessen Eiferer mehr und mehr gewalttätig sind. Er sollte seine Spiritualität, seine wichtigste Kraft, wiederfinden. Man muss den Islam befreien, entkolonisieren, sozialisieren.
Nach den Terroranschlägen vom 13. November 2015 in Paris äußerte er, er sei darüber nicht überrascht. Der Islamismus strebe nach der Weltherrschaft.
Sansal lebt heute mit seiner Frau und zwei erwachsenen Töchtern bei Algier. Bis zu seiner Entlassung im Frühjahr 2003 war er Direktor des algerischen Industrieministeriums. In Frankreich wurde er für seine Romane vielfach ausgezeichnet und gilt als einer der bedeutendsten zeitgenössischen Schriftsteller.
Religiöser Extremismus, globaler Kapitalismus und Umweltzerstörung auf der einen, bürgerlicher Phlegmatismus, Feigheit und Unvernunft der politischen Eliten auf der anderen Seite – Boualem Sansal benennt die virulenten Themen der Zeit.
Sein aktueller Roman „Der Zug nach Erlingen oder die Verwandlung Gottes“ ist ein kraftvolles Plädoyer, sich den Herausforderungen der Gegenwart zu stellen! Wer Lust auf kryptische Formulierungen oder eine unverständliche Geschichte hat, der kommt hier voll auf seine Kosten. Man kann in die Handlung, sofern man sie durchschaut, alles Mögliche hineindeuten. Der Autor jedenfalls gibt dafür genügend Anlass.
Christian Aichmayr hat das Buch gelesen …
VOR ORT – Ansichten, Einsichten und Aussichten
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