Another Brick in The Wall
Unlängst war in der befreundeten Radiosendung Hallo Punkerland und PunkerInnenland ein ganz ungewöhnliches Musikstück zu hören. Was denn, Pink Floyd mit deutschem Anarchotext? Eine kurze Nachforschung förderte sogleich das dazu gehörige Musikvideo zu Tage, “Another Stein in The Wall” oder so ähnlich – ein vom aktuellen Slime-Schlagzeuger Alex Schwers inszeniertes Cover/Mashup aus deren Uralttext “Bullenschweine” und der Musik von Pink Floyds “Another Brick In The Wall” – unglaublich ironisch und voll abgedreht! Immerhin entstanden beide Titel so um 1979 herum, also vor ungefähr 35 Jahren – doch gibt es dahinter nicht vielleicht noch andere inhaltliche Zusammenhänge? Holen wir gleich die vom Ton-Steine-Scherben-Mitbegründer Kai Sichtermann herausgegebene Musikanthologie “Kultsongs & Evergreens” hervor, für die der hier schon öfter zitierte Autor und Leonard-Cohen-Übersetzer Misha Schoeneberg den Artikel “Das radikalste Schülerlied” zur eingangs erwähnten Pink-Floyd-Nummer verfasst hat, und lesen wir…
…darin Folgendes:
“Es ist alles irgendwie schief gelaufen. Von Anfang an, darüber war man sich einig, damals, Mitte oder Ende der 70er. Man stritt nur darüber, ob das Elend mit dem Verlassen der Bäume, dem Beginn des Ackerbaus oder dem Aufkommen der katholischen Kirche begonnen hatte. In dieser Zeit las Roger Waters Wilhelm Reich, wie so viele in jenen Jahren. “Den Kindern der Zukunft” widmete Reich sein wohl größtes Werk “Christus Mord”. Er spricht dort von “Panzerungen” (Angst vor Liebe und Zärtlichkeit), die den Kindern durch die Eltern in Form restriktiver Erziehung verpasst werden. Die Eltern litten unter den gleichen Ängsten, die sie von ihren Eltern eingebläut bekamen, und diese wiederum von ihren Eltern usw. Dass wir uns so weit vom eigentlichen Menschsein entfernt haben, das ist die tatsächliche “Erbsünde” nach Reich. Und gegen diese Panzerung, in der wir stecken, als wären wir lebendig eingemauert, hilft nur der Weg zurück; ein auf Generationen angelegtes Projekt: Die Kinder müssen sich wieder eigenständig und frei entfalten dürfen.”
Dem haben wir nichts hinzuzufügen! In der Sendung gibt es davon allerdings einiges mehr zu hören – nebst unserer assoziativ-dramaturgischen Musikauswahl rund um den inzwischen 70-jährigen Roger Waters und sein epochemachendes Hauptwerk The Wall. Schauen wir einmal, was wir so einem unverwüstlichen Spürsinn für die Auswüchse des Alltagsfaschismus darüber hinaus noch abgewinnen können. Wir freuen uns…
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