Afrika im Kremstal 20: Singende Soldatinnen, Bembeya Jazz & andere
Zum Jahreswechsel feiern wir “Silvester”. Aber kaum jemand weiß, warum die Neujahrsfeier bei uns überhaupt so genannt wird. Der letzte Tag des Jahres ist nach dem Heiligen Silvester benannt. Silvester wurde im Jahr 314 von den Römern zum Papst gewählt und starb am 31. Dezember 335. Herzlich willkommen bei der Ausgabe Nummer 20 der Sendereihe „Afrika im Kremstal“ Afrika bei uns am Silvesterabend 2010.
Sie hören Musik von singenden Soldatinnen, von der Bembeya Jazzband und anderen. Girlgroups sind ja spätestens seit den Spicegirls nichts Besonderes mehr. Die Gruppe, die Sie heute hören ist allerdings außergewöhnlich: Bei den „Amazones de Guinée“ stehen rund 20 Soldatinnen zusammen auf der Bühne. Den Start macht ein Lied von besseren Glückwünschen. Seit mehr als 40 Jahren sind die „Amazones de Guinée“ bereits auf der Bühne. Als erste Frauen-Musikgruppe Afrikas waren sie auf dem ganzen Kontinent unterwegs. Nach einer militärischen Ausbildung wurden sie als Kulturbotschafterinnen für das Regime Sekou Touré, Guineas erstem Präsidenten, zwangsrekrutiert. Er hatte das Land 1958 in die Unabhängigkeit von Frankreich geführt und stand bis zu seinem Tod 1984 an der Staatsspitze. Sein diktatorisches Regime stand für „panafrikanischen Sozialismus“. Mit Tourés Tod sank auch der Stern der Amazonen. Trotzdem: die Frauenband besteht bis heute.
Es ist Staatschef Sekou Touré, der Guinea als erstes frankophones afrikanisches Land in die Unabhängigkeit führt und den Verbleib als autonome Republik im französischen Verbund dankend ablehnt. Die Franzosen bedanken sich auf ihre Weise, betonieren Toiletten, schrauben Glühbirnen heraus, stecken Verwaltungsgebäude an, lassen das Land ohne Währung dastehen – ein letzter Akt der Barbarei. Touré, mit sowjetischer Unterstützung, stärkt das Selbstbewusstsein seines gedemütigten Volkes durch eine intensive Kulturförderung, Bands werden gegründet und finanziert, Musikwettbewerbe werden abgehalten, Instrumente angeschafft, eine Plattenfirma gegründet.
Auch Bembeya Jazz entsteht 1961 auf diese Weise, mit Aboubacar Demba Camara als Lead-Sänger und Chef. Fünf Jahre später wird die Gruppe offizielles Staatsorchester mit bis zu 25 Musikern. Der Aktionsradius ist bis Mitte der 1980er auf Nachbarländer und Ostblock-Staaten eingeschränkt. Mit dem Tod Tourés 1984 und einer liberaleren Regierung feiern Bembeya Jazz auch im Westen große Erfolge, leider ohne Camara, der 1973 bei einem Autounfall in Dakar stirbt. Die Band muss sich einer neuen Herausforderung stellen, denn Touré entlässt kurz vor seinem Ende auch die Bands in die Unabhängigkeit, die Unterstützung wird gestrichen, die Marktwirtschaft hält Einzug.
Glück im Unglück: Mit Sekouba „Bambino“ Diabaté stößt eine der größten Stimmen Westafrikas zur Gruppe und bringt die Band in kurzer Zeit noch einmal ganz nach vorne. Unglück im Glück: Bambino startet bald eine sehr erfolgreiche Solo-Karriere, und Anfang der 1990er entschläft die Band.
Viele der Neuerungen, die Bembeya Jazz einführen (wie etwa vier Gitarren oder Tänzerinnen auf der Bühne), werden von anderen Bands kopiert, in Guinea selbst wie auch in den Nachbarländern. Die Konkurrenz ist hart, aber freundlich. Charakteristisch für Bembeya Jazz sind eine an kubanische Spielweise angelehnte Bläsersektion, der swingende Mandingo-Groove von Schlagzeuger Conde Mory Mangala, die elektrisierende Gitarre von „Diamond Finger“ und der mehrstimmige Gesang als Kontrapunkt zum Lead-Sänger .
2002 startete die Band neu durch. Erstaunlich, dass auf ihrem Comeback-Album fast alle Musiker der ersten Stunde zusammengebracht werden können. Für Sekou Bembeya Diabate ist die Erklärung ganz einfach: Die Band habe sich nie aufgelöst, sondern nur auf den richtigen Moment gewartet; und der sei eben jetzt gekommen. Wie lange die neuerliche Hochsaison der Gruppe, die auf allen wichtigen Weltmusik-Festivals der Welt zu Gast ist, anhält, kann niemand sagen. Aber dass sie eine der wichtigsten Bands Guineas, ja Afrikas ist oder zumindest war, ist über jeden Zweifel erhaben.
Sie zählt zu den Hoffnungsträgerinnen des jungen südafrikanischen Jazz: die Saxophonistin Shannon Mowday. Ihre Band „African Eyes“ mit drei Landsleuten und einem norwegischen Pianisten stellt sie speziell für das Berliner Festival „Sounds No Walls“ zusammen. In einer musikalischen Familie aufgewachsen, musizierte Shannon Mowday bereits als Zehnjährige, gemeinsam mit ihrem Vater und ihrem Bruder, in der Band „Family Affair“, später auch unter dem Namen „Mowday 3“. Sie erlernte das Spiel auf Saxophonen und Klarinetten, Piano und Flöte und fand zu einer sehr individuellen Ausdrucksweise auf dem Baritonsaxophon.
Shannon Mowday, Bob Mowday, Hylton Mowday with Ivan Bell on drums, Gary Deacon on Bass and Andrew Ford on Keys, live at Fogeys Railway House
Silvester kann nichts für „Silvester“
Nach der Einführung des sogenannten Gregorianischen Kalenders setzte sich allmählich der 1. Januar als Jahresbeginn durch. Unter Papst Innozenz XII. verlegte die Kirche den Jahresanfang offiziell vom 25. Dezember zum 1. Januar. Die Bezeichnung „Silvester“ für den letzten Tag des Jahres geht übrigens wie schon erwähnt auf den heiligen Silvester zurück, der von 314 bis 335 Papst war. Mit der Wahl des 31. Dezember und 1. Januar als Daten für den Jahreswechsel hatte dieser Papst jedoch nichts zu tun – der Name „Silvester“ kommt vielmehr daher, dass Silvester I. am 31. Dezember 335 starb und dieser Tag deshalb sein Namenstag ist.
Die Tradition, in der Neujahrsnacht ein Feuerwerk zu machen, hängt mit der Vorstellung zusammen, dass diese letzte Nacht des Jahres magisch ist. Schon vor langer Zeit versuchte man mit Lärm und Licht, böse Geister und Dämonen zu verschrecken.
In etwas mehr als zwei Stunden beginnt das neue Jahr. 45 Jahre vor Christi Geburt legte Julius Cäsar fest, dass mit dem 1. Januar das neue Jahr beginnt. Die Römer feierten am Neujahrstag ihren Gott Janus. Seit 1691 feiern auch Christen am 1. Januar den Beginn des neuen Jahres. Ich wünsche Ihnen ein gutes neues Jahr.
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