Bad Goisern/Obertraun Wehrgrabenbrücke
Der Wehrgraben, welcher die Gemeindegrenze zwischen Bad Goisern und Obertraun bildet, wird von einer Eisenbahnbrücke überspannt, welche in den späten 1920er Jahren entstanden ist.
In der Aufschwungsphase vor der Weltwirtschaftskrise, die vom Börsencrash im Oktober 1929 ausgelöst wurde, setzten die Bundesbahnen Österreich (BBÖ) ein umfangreiches Investitionsprogramm um. In diesem Rahmen wurde 1928/29 auch die ursprüngliche Wehrgraben-Brücke aus der Zeit des Bahnbaus vom 1877 durch einen 455.000 Schilling teuren Neubau ersetzt. Die alte Brücke, eine Fachwerk-Balken-Konstruktion, war, trotz Verstärkungsversuchen, für die neuen Verkehrslasten der Mitte der 1920er Jahre prototypisch elektrifizierten Strecke nicht mehr geeignet.
Die technischen Herausforderungen für den Neubau lagen in der topologischen Situation des Bauplatzes, einem steilen, steinschlaggefährdeten Graben, der in eine enge Bucht des Hallstätter Sees mündet und nur über die Bahnstrecke und dem Wasserweg zugänglich ist. Ebener Platz ist dort nicht vorhanden, so dass eine Aufstellung von Gerüsten, schweren Baumaschinen oder Brückenbauteilen nicht möglich ist. Darüber hinaus verläuft die Gleisachse der Bahnstrecke im Bereich der Brücke in einem engen Bogen von 260m Radius. Unter diesen Rahmenbedingungen wurde in der Generaldirektion der BBÖ eine Konstruktion mit einer Stützweite von 48,4 Metern aus vorgefertigten Stahlteilen entwickelt, welche an Ort und Stelle unter der Bauleitung von Ingenieur Haidenthaler montiert wurden. Um die Brückenkonstruktion möglichst schmal und damit leicht zu halten, wurde sie in drei schmale Teilbrücken, die dem Kurvenverlauf folgen, aufgelöst. Dadurch konnte der Stahlbedarf auf 150t – gegenüber 260t für einen geraden, konventionellen Brückenkörper – reduziert werden. Da bei einer dreiteiligen, gekrümmten Konstruktion das mittlere Brücken-Element, sowohl vertikal als auch horizontal, am stärksten belastet wird, bildet dieses nun den Hauptträger. Dabei ist zwischen zwei schräg gestellten trapezförmigen, biegesteifen Zweigelenkrahmen das mittlere, 16m lange Brückenelement fix eingespannt. Zwischen dem zentralen Brückenelement und dem nördlichen beziehungsweise südlichen Widerlager ist jeweils eine 15m lange Schleppbrücke aus vollwandigen I-Trägern eingehängt. Die Widerlagermauern an den Felsflanken des Wehrgrabens bestehen aus Stampfbeton, wobei die vier Punktfundamente der beweglichen Rahmenlager, dem Kräftefluss entsprechend schräg gestellt, nur wenige Meter über dem Seespiegel eingebaut sind. Die beiden rahmenförmigen Hauptträger sind als vernietete I-Träger ausgeführt und entsprechen in Ihren unterschiedlichen Querschnitten gut lesbar dem Verlauf der inneren Kräfte. Im Bereich der Stile sind die beiden Rahmen durch mehrfache überkreuzte leichte Eisenfachwerkkonstruktionen ausgesteift. Im Brückenverlauf kragen seitlich vernietete Konsolen aus, auf denen ein Arbeitsweg mit Holzbelag und stählernem Geländer aufliegt. Während der Bauphase wurde seeseitig, parallel zur Eisenbahnbrücke in geringem Abstand mit dem Roth-Waagner-Brückengerät eine Notbrücke errichtet, deren Widerlager aus Stampfbeton erhalten geblieben sind.
Nach einer Belastungsprobe, an der auch hohe Vertreter der Generaldirektion der Bundesbahnen Österreich teilnahmen, wurde die Wehrgrabenbrücke am 26. 4. 1929 dem Verkehr übergeben.
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