200 Jahre Urfahraner Jahrmarkt; „Klima“-Gespräch mit Johann Kandler
Da bei der Aufzeichnung der Sendung die ersten zweieinhalb bis drei Minuten „gekappt“ wurden, fehlt die kurze Moderation am Beginn der Sendung und die ebenso kurze Musikbrücke vor dem ersten Beitrag.
Inhalt des Frozine vom 16. Februar 2017:
Benjamin Gumpenberger war fürs Frozine bei der Eröffnung der Jahrmarktsausstellung im Linzer Nordico dabei. Und Erich Klinger führte am 13.2. ein längeres Gespräch mit dem Klimaschutzexperten Johann Kandler.
Erster Beitrag:
Der auch „Urfix“ genannte Urfahraner Markt wird heuer 200 Jahre alt und ist bzw. bleibt somit der älteste Jahrmarkt in Österreich. Nicht nur der räumlichen Nähe wegen – Radio FRO befindet sich auf dem Weg von der Straßenbahnhaltestelle Rudolfstraße zum Jahrmarktsgelände – war es also nahe liegend, fürs Frozine über diesen Markt und seine Geschichte zu berichten.
Zuckerwatte, Ringelspiel, verklebter Magen, flirten, Autodrom, der erste Rausch … wäre eine oberösterreichische Jugend überhaupt denkbar, ohne „Urfix“, wie der Urfahraner Markt liebevoll genannt wird?
Der Urfahraner Markt ist der älteste Jahrmarkt Österreichs und heuer gilt es sein 200-jähriges Jubiläum zu feiern. Das Nordico widmet dem beliebten Jahrmarkt eine Ausstellung (Zitat: Benjamin Gumpenberger)
Zweiter Beitrag:
Etwas schwerere Kost bot dann der zweite Beitrag, Auszüge aus einem Gespräch mit Johann Kandler, seit 1993 Mitarbeiter des Klimabündnis und von 1972 bis 1992 selbst in Brasilien lebend und seither durch Vorträge und Öffentlichkeitsarbeit bzw. Bündnisse mit am Rio Negro lebenden Menschen darum bemüht, die Bedeutung des brasilianischen Regenwaldes sichtbar zu machen.
Es kann und soll uns aus mehrerlei Gründen nicht egal sein, was mit dem Regenwald in Amazonien und den dort lebenden Menschen passiert, ob die unter der abgesetzten Präsidentin Dilma Rousseff zumindest eingedämmte Abholzung des Regenwaldes nun wieder zügiger aufgenommen wird, wie es bereits 2016 der Fall war, als wiederum 8.000 km² gerodet wurden, eine Zunahme von 100% gegenüber 2015.
Zum Beitrag selbst, zur näheren Einführung mein Moderationskonstrukt:
Ich habe am 13. Februar beim Klimabündnis OÖ in der Linzer Südtirolerstraße ein längeres Gespräch mit Johann Kandler geführt, der seit 1993 für das Klimabündnis Österreich tätig ist. Seine Arbeitsschwerpunkte sind die Koordination der Klimabündnis-Partnerschaft am Rio Negro (in Brasilien) und „Klimagerechtigkeit“.
Unter „Klimagerechtigkeit“ dürfte wohl auch zu verstehen sein, was ich in einem anderen biografischen Abriss zu Kandler und seinen Tätigkeiten fürs Klimabündnis gefunden habe:
Entwicklungspolitische Themen – vor allem im Zusammenhang mit KlimawandelDie von Kandler durch Öffentlichkeitsarbeit bzw. Vorträge bekannt gemachte Klimabündnis Partnerschaft mit der FOIRN (Federação das Organisações Indígenas do Rio Negro) bildet einen wesentlichen Bestandteil der Klimabündnis- Arbeit. Die FOIRN zählt heute, unter anderem Dank der Unterstützung durch die Klimabündnismitglieder und die österreichische Entwicklungszusammenarbeit, zu einer der bedeutendsten indigenen Vertretungen im Amazonasgebiet.
(letzter Absatz, abgeleitet aus Regiowiki über Kandler)
Johann Kandler, Absolvent der HBLA für Wein- und Obstbau in Klosterneuburg, kam im Zuge eines Entwicklungshilfeprojektes 1972 nach Brasilien. Bald schon musste er feststellen, dass die
„Schulmethoden“ aus Österreich – Monokulturen, Einsatz von Kunstdünger, Spritzmitteln und Saatgut – im Widerspruch zur an natürlichen Kreisläufen ausgerichteten Arbeits- und Lebensweise der Menschen im Regenwald standen. Kandler erzählte, dass er im nachhinein froh darüber war, dass ihn die Menschen damals wegen seines noch schlechten Portugiesisch nicht verstanden hätten. Der „Entwicklungshelfer“ Kandler stellte sich schon bald darauf ein, von den „Ortsansässigen“ zu lernen, die schließlich ganz andere Probleme hatten, als in „europäischem Landbau“ nach damaligem Kenntnisstand geschult zu werden. Die indigene Bevölkerung des Regenwaldes war mangels geeigneter Transportmittel bzw. bedingt durch lange Wege auf den Wasserstraßen im Regenwald auf Händler angewiesen, die ihnen für ihre Ernte, z.B. Reis, schlechte Preise zahlten und im Gegenzug Werkzeuge oder ähnliche Gebrauchsgüter zu deutlich überteuerten Preisen verkauften.
Schlimmer jedoch war, den Worten von Kandler zufolge, die Bedrohungen durch Großgrundbesitzer und Bergbauunternehmen. Großgrundbesitzer schickten Revolvermänner in die Dörfer, die Menschen wurden aus ihren Behausungen getrieben, diese angezündet und die Menschen ihrer Habseligkeiten und ihrer Existenzgrundlage beraubt, mussten vor dieser massiven Gewalt flüchten.
Der Gewalt an den Menschen folgte der Raubbau am Regenwald, unvorstellbar große Mengen an Edelhölzern wurden geschlägert und vor allem für den Export nach Europa auf der eben erst fertiggestellten „Transamazonica“ abtransportiert. Es folgten große Rodungen, um Rinderweiden anzulegen, für den Fleischexport, und, in weiterer Folge ebenfalls Rodungen in großem Stil für ein anderes Exportgut, Soja als Futtermittel für die Fleischproduktion in Europa.
Unter diesen Eindrücken beschlossen Kandler und seine damalige Kollegin und spätere Frau Christa nach dem Auslaufen ihres „Entwicklungshilfe“-Einsatzes in Brasilien zu bleiben, erst 1992 kehrten sie „aus familiären Gründen“ nach Österreich zurück.
In einem Regio-Wiki-Eintrag zu Johann Kandler heißt es dazu:
„Kandler (……) arbeitete von 1972 bis 1992 in Brasilien (davon 10 Jahre im Amazonasgebiet), wo er gemeinsam mit der lokalen Bevölkerung für den Erhalt des Regenwalds und die Rechte der Einheimischen kämpfte. In Südwestamazonien hat er die Comissão Pastoral da Terra – CPT (Landpastorale) mitbegründet und war ihr langjähriger Leiter in den Bundesstaaten Acre und Minas Gerais.
Zu den Hauptaufgaben von Kandler in Brasilien zählten die Organisation und Begleitung von kirchlichen Basisgruppen, Kleinbauern- und Kautschukzapfergruppen, Landarbeitergewerkschaften und genossenschaftlichen Selbsthilfegruppen. Außerdem führte er Projektevaluierungen für europäische Hilfsorganisationen durch.“
In der Langfassung des Gesprächs erzählt Kandler selbst über diese Zeit in Brasilien, weitgehend in der „Wir-Form“, also unter Miteinbeziehung des Anteils seiner Frau.
Ich musste für diesen Beitrag aus zeitlichen Gründen diese einleitende Passage und auch andere interessante Gesprächsteile weglassen, werde jedoch das vollständige Gespräch demnächst unter cba.media zum Nachhören ins Netz stellen.
Der Einstieg in die Gesprächsausschnitte erfolgt somit an jener Stelle, wo ich gefragt habe, wie es in der Gegenwart mit den Edelhölzern und dem damit verbundenen Raubbau am Regenwald aussieht:
Interview Teil I, 16:08 Minuten
Dem nächsten Gesprächsteil ging meine Frage voraus, wie es aktuell um Vertreibungen von Menschen aus ihren Dörfern im Regenwald bestellt ist
Interview Teil II, 6:26 Minuten
Über die Regierung nach dem Sturz der Präsidentin Dilma Rouseff Ende August 2016 sowie zu Energiegewinnung und Klimagerechtigkeit meinte Kandler
Interview Teil III, 4:52 Minuten
Links zu diesem Thema bzw. zur Ausstellung im Nordico werden „nachgeliefert“.
Von Benjamin Gumpenberger in seinem Beitrag verwendete Musik:
One-eyed Maestro Kevin MacLeod (incompetech.com)
Waltz of the Carnies Kevin MacLeod (incompetech.com)
Hidden Wonders Kevin MacLeod (incompetech.com)
Circus Waltz Kevin MacLeod (incompetech.com)
Super Circus Kevin MacLeod (incompetech.com)
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Erich Klinger