Koloniale Kontinuität: Kunst und Migration im neuen EUropa II
Die BÜCHS’N’RADIO-Sendung im Juli bringt parallel zur Ausstellung Verhandlungssache im Kunstpavillon in Innsbruck den zweiten Beitragsteil der Diskussionsveranstaltung Koloniale Kontinuität: Kunst und Migration im neuen EUropa, die am 16. April 2010 im Künstlerhaus Büchsenhausen im Rahmen des künstlerischen Forschungsprojektes Queere Perspektiven in und auf Europa von Ana Hoffner stattfand. Ljubomir Bratic, Philosoph und Publizist aus Wien, Ivana Marjanovic, Kuratorin und Theoretikerin aus Wien, sowie Ana Hoffner, Künstler_in und Kulturwissenschaftlier_in, diskutierten österreichische Migrationsgeschichte und Möglichkeiten künstlerischer Intervention im neuen EUropa.
In der ersten Sendung im Juni 2010 wurden die Vorträge von Ana Hoffner und Ivana Marjanovic vorgestellt. In dieser Sendung strahlen wir den Vortrag von Ljubomir Bratic und die anschließende Diskussion aus.
„Der Diskurs der europäischen Vereinheitlichung, der in der Gegenwart alle sozio-politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Bereiche maßgeblich mitbestimmt, ist untrennbar mit der europäischen Kolonialgeschichte und Expansionspolitik verbunden. Im gegenwärtigen Prozess der Transition und Integration Osteuropas in ein EUropa spielt Österreich eine wichtige Rolle. Auch wenn Österreich in der hegemonialen Geschichtsschreibung nicht als Kolonialmacht definiert wird, weist die Verbindung Österreichs mit osteuropäischen Staaten koloniale Herrschaftsmuster auf, die bis zur Habsburger Monarchie zurückreichen. Dabei wird ersichtlich, dass Kolonialismus keine abgeschlossene historische Epoche ist, sondern eine Herrschaftsform, die auch in der Gegenwart anzutreffen ist. Auch der gegenwärtige österreichische Rassismus, der die Basis einer migrantenfeindlichen, auf Abschiebung und Illegalisierung ausgerichteten Politik ist, hat seine Tradition in der europäischen Kolonialgeschichte. Ohne diese Tradition wäre die in der österreichischen Bevölkerung weitestgehend akzeptierte rassistische Praxis in der Gegenwart nicht möglich. Aus diesem Grund ist es notwendig, Kontinuitäten kolonialistischer Wirkungsweise zu untersuchen, nicht um eine wahre essentielle Aussage zu Österreichs Vergangenheit zu treffen, sondern eine politische Handlungsfähigkeit für die Gegenwart zu eröffnen.“
Ana HOFFNER
Der Beitrag ist in deutscher und englischer Sprache.
Ljubomir Bratic ist Philosoph und freier Publizist. Jüngste Publikation im Löcker Verlag: Politischer Antirassismus. Selbstorganisation, Historisierung als Strategie und diskursive Interventionen. Ljubomir Bratic lebt in Wien.
Ana Hoffner ist Künstler_in und Kulturwissenschaftler_in und lebt in Wien und Innsbruck. Sie hat an der Akademie der bildenden Künste Wien studiert und arbeitet in den Bereichen queerer und migrantischer/postkolonialer Politik.
Ivana Marjanovic ist Mitbegründerin der Galerie Kontekst in Belgrad und derzeit PhD-Kandidatin an der Akademie der bildenden Künste Wien.
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